TOP Ö 4: Bürgerbegehren "Änderung des Bebauungsplans am Steigweg stoppen!"; Hier: Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gem. Art. 18 a Abs. 8 GO und Maßnahmebeschluss gem. Art. 18 a Abs. 14 GO

Rechtsdirektorin Schmöger stellt die Situation dar: Das Bürgerbegehren erfülle alle notwendigen rechtlichen Voraussetzungen; Gegenstand des Bürgerbegehrens sei die derzeit laufende 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 „Am Steigweg“ mit Berichtigung des Flächennutzungsplans. Sie betont, bei einem positiven Beschluss würde das konkrete, laufende Bauleitplanverfahren, aber nicht jegliche zukünftige Bauleitplanung gestoppt werden.

Sollte der Stadtrat die Einstellung des Verfahrens selbst beschließen (Ziffer 3 des Beschlussvorschlags), entfalle die Durchführung eines Bürgerentscheids. Sofern Ziffer 3 keine Mehrheit findet, würde ein Bürgerentscheid am 22.05.2022 stattfinden.

 

Einige Stadträte sprechen sich explizit dafür aus, den Bürger*innen die Wahl, in Form des Bürgerentscheides zu überlassen.

 

Stadtrat Moser kritisiert die Bebauungshöhe und gibt zu bedenken, dass sich die Bauleitplanung auf die gesamte Stadt und deren Verkehr auswirke. Auch fordert er, dass die Auswirkungen auf Klima und Natur untersucht werden, was nicht Bestandteil des vereinfachten Bauleitplanverfahrens sei.

 

Bürgermeister Freitag berichtet von einer Begehung des Geländes mit den Eigentümern des Grundstücks, der Schützengesellschaft. Er kritisiert die Öffentlichkeitsarbeit und Darstellungen der Bürgerinitiative, aufgrund derer einige Unterzeichner des Bürgerbegehrens von falschen Fakten ausgehen würden. Als Beispiel nennt er die irrtümliche Annahme, dass für das geplante Bauvorhaben eine Waldfläche gerodet werden müsse. Er ist der Meinung der Geschosswohnungsbau sei die einzige Möglichkeit für bezahlbaren Wohnraum, im Vergleich zu vielen Einfamilienhäusern sei dies auch die umweltfreundlichere Lösung. Er appelliert an die Bürger*innen, sich vor einem möglichen Bürgerentscheid entsprechend zu informieren.

 

Für Stadtrat Dr. Küntzer sei es wichtig, dass die Bürger selbst entscheiden dürfen, vorab solle eine gute Aufklärung stattfinden. Er kritisiert die Vorgehensweise der Bürgerinitiative, beispielsweise die Art und Weise, wie Unterschriften durch die Bürgerinitiative gesammelt worden wären.

 

Laut Bürgermeisterin Glos sei der (aktuell) geltende Bebauungsplan aus dem Jahr 1996 hinsichtlich dem Stand zu erneuerbaren Energien nicht zeitgemäß. Sie vertritt die Meinung, dass es für Wachstum und Ansiedlung von Firmen, Kultur und Weiterem zusätzliche Wohnungen benötige.

 

 

Umweltreferent Hartmann kann die Bedenken zum Vorhaben aufgrund artenschutzrechtlicher Sicht, nach einer privaten Begehung mit einem sachverständigen Biologen, ausräumen.

 

Stadtrat Pauluhn schließt sich im Grundsatz seinen Vorrednern an, bemängelt jedoch auch das Vorgehen des Investors und des Stadtrates. Für ihn wäre die richtige Lösung der Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Areal gewesen. Er gibt zu bedenken, dass laut derzeitigem Bebauungsplan eine höhere Flächenversieglung, als nun geplant, möglich sei.

 

Stadtrat Dr. Pfeiffle bedauert es, dass die Fraktionen SPD und Grüne laut Wahlprogrammen bezahlbaren Wohnraum unterstützen, sich jedoch nicht für dieses Projekt aussprechen würden.

 

Stadtrat Paul spricht sich gegen das geplante Projekt aus. Er ist der Auffassung, durch Beendigung des Bauleitplanungsverfahrens durch den Stadtrat könne Geld, Zeit und Arbeit eingespart werden. Er schlägt vor, dass der Stadtentwicklungsbeirat selbst Ideen für das Areal entwickelt. Er möchte wissen, ob die Schützengesellschaft eine Entschädigung erhalte, sofern ein möglicher Bürgerentscheid die Beendigung des Bauleitplanverfahrens zur Folge hätte. Auch entgegnet er, dass Unterschriften der Bürgerinitiative nach seinem Wissen ordnungsgemäß gesammelt worden seien. Er betont, die Bürgerinitiative könne sich nicht für die verbreiteten Meinungen einzelner Personen in den sozialen Medien verantworten.

 

Laut Oberbürgermeister Güntner sei in diesem Fall keine Entschädigung an die Schützengesellschaft zu leisten, da weiterhin der Bebauungsplan von 1996 gelte. Erst bei einem wirtschaftlichen Schaden würde ein Entschädigungsanspruch entstehen.

 

Rechtsdirektorin Schmöger stellt abschließend nochmals klar, dass sich das Anliegen der Bürgerinitiative laut deren Unterschriftenliste darauf beziehe, das laufende Änderungsverfahren zum Bebauungsplan „Am Steigweg“ zu stoppen. Dies würde jedoch nicht ausschließen, dass das ursprüngliche Baurecht aus dem Jahr 1996 bestehen bleiben müsste; ein weiteres Änderungsverfahren mit anderen Maßstäben könne dort weiterhin jederzeit durchgeführt werden. Oberbürgermeister Güntner gibt den Beschlussvorschlag daraufhin zur Abstimmung.


beschlossen                dafür 29  dagegen 0

 

 

1.  Vom Sachvortrag 2022/007 wird Kenntnis genommen.

2.  Das Bürgerbegehren „Änderung des Bebauungsplans am Steigweg stoppen!“ mit seiner Fragestellung und Begründung wird als zulässig im Sinne des Art. 18 a Abs. 8 GO angesehen. Insgesamt wurden 2685 Unterschriften auf 378 Listen eingereicht, davon sind 2288 gültige und 397 ungültige Eintragungen festzustellen.

 

 

 

abgelehnt                     dafür 8  dagegen 21

 

 

3. Es besteht Einverständnis, die mit dem Bürgerbegehren „Änderung des Bebauungsplans am Steigweg stoppen!“ verlangten Maßnahmen durchzuführen, d.h. das derzeit laufende Verfahren zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 „Am Steigweg“ mit Berichtigung des Flächennutzungsplans einzustellen und nicht weiter zu verfolgen und dementsprechend

·         den Aufstellungsbeschluss des Verwaltungs- und Bauausschusses vom 05.12.2019 („1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 „Steigweg“) sowie

·         den Beschluss des Stadtrates vom 10.12.2020 („1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 „Am Steigweg“ mit Berichtigung des FNP; hier: Anerkennung des Entwurfs und frühzeitige Beteiligung) und den

·         Beschluss des Stadtrates vom 14.10.2021 (1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72“Am Steigweg“ mit Berichtigung des Flächennutzungsplans; hier: Billigungs- und Auslegungsbeschluss)

aufzuheben.

 

Alternativ zu 3.:

 

 

beschlossen                dafür 28  dagegen 1 

 

 

4. Gemäß Art. 18 a Abs. 10 GO wird der Bürgerentscheid am Sonntag, den 22.05.2022 durchgeführt.

 

5. Es besteht Einverständnis, Herrn Oberbürgermeister Stefan Güntner zum Abstimmungsleiter zu bestellen. Als stellvertretende Abstimmungsleiterin wird Frau Astrid Haaf bestellt.