1. Allgemeines
Mit der Verordnung zur Änderung der
Bestattungsverordnung vom 11. März 2021 hat der Freistaat Bayern § 30 Abs. 2
der Bestattungsverordnung wie folgt geändert:
„(2) Der Friedhofsträger kann Erdbestattungen in
einem Leichentuch ohne Sarg aus religiösen und weltanschaulichen Gründen
zulassen, soweit öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Eine Erdbestattung
nach Satz 1 ist bei infektiösen und hochkontagiösen Leichen
gemäß § 7 untersagt. Für die verwendete Umhüllung der Leiche gilt Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 und 3 entsprechend.“
Durch das Einfügen dieses neuen § 30 Abs. 2 werden
nach der Begründung des Verordnungsgebers unter bestimmten Umständen
Bestattungen im Leichentuch ohne Sarg bei Erdbestattungen zugelassen. Damit
soll die Sargpflicht im Grundsatz beibehalten werden. In § 30 Abs. 2 Satz 1
wird der Friedhofsträger aber dazu ermächtigt, Bestattungen in einem
Leichentuch ohne Sarg aus religiösen und weltanschaulichen Gründen zuzulassen.
Damit soll in Bayern das Recht gestärkt werden, nach der weltanschaulichen und
religiösen Haltung bestattet zu werden. Die Nennung sowohl religiöser als auch
weltanschaulicher Gründe erfolgt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung
in Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz (GG). So hat die Auslegung der Begriffe „Religion“
und „Weltanschauung“ anhand der zu Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 107 der
bayerischen Verfassung geltenden Grundsätze zu erfolgen. Danach bezeichnet eine
Religion oder Weltanschauung vereinfacht die Anschauung eines Menschen über die
Welt als Ganzes sowie Herkunft und Ziele des menschlichen Lebens. Die
Weltanschauung beschränkt sich dabei auf innerweltliche Bezüge, während die
Religion die Beziehung des Menschen zu höheren Mächten beinhaltet.
Mit der Ermächtigung des Friedhofsträgers wird die
kommunale Selbstverwaltung gestärkt und in unterschiedlichen Gegebenheiten in
bayerischen Gemeinden und Städten Rechnung getragen. Der Friedhofsträger soll
vor Ort prüfen, ob Bestattungen in einem Leichentuch ohne Sarg in der
Friedhofssatzung oder durch Entscheidung im Einzelfall zugelassen werden sollen
oder nicht. Entscheidet er sich dafür, kann er weiterhin anhand der örtlichen
Gegebenheiten festlegen, ob der Transport der Leiche auf dem Friedhof
(insbesondere von der Aussegnungshalle) bis zum Sarg in einem geschlossenen
Sarg zu erfolgen hat oder auch in einem Leichentuch ohne Sarg zulässig sein
soll. Bei der Prüfung sind unter anderem der Bedarf für Bestattungen im
Leichentuch ohne Sarg und die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der
Bodenbeschaffenheit sowie die soziale und gesellschaftliche Zusammensetzung der
Gemeinde zu beachten.
§ 30 Abs. 2 Satz 1 stellt klar, dass „öffentliche
Belange“ einer Bestattung ohne Sarg nicht entgegenstehen dürfen. Dazu regelt
Satz 2 klarstellend, dass Bestattungen ohne Sarg im Leichentuch bei infektiösen oder hochkontagiösen Leichen nach § 7 unzulässig sind. Zu wahren sind
überdies die Würde des Verstorbenen das sittliche Empfinden der Allgemeinheit.
Satz 3 sieht Anforderungen an das verwendete Leichentuch vor. Durch die
Bezugnahme auf § 30 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 wird geregelt, dass die
Beschaffenheit von Boden und Grundwasser durch das Leichentuch nicht nachhaltig
verändert werden darf und eine Verwesung des Leichnams innerhalb der Ruhezeit
ermöglicht werden muss.
2. Bedarf der
sarglosen Bestattung in Kitzingen und Auswahl des Neuen Friedhofs
a)
Seitens der
muslimischen Gemeinde wurde der Wunsch an die Stadt Kitzingen herangetragen,
die sarglose Bestattung zuzulassen, um den Bestattungsritualen der muslimischen
Mitbürger noch weiter entsprechen zu können, als dies bislang der Fall
war. Welcher Bedarf (in konkreten
Zahlen) hier tatsächlich besteht, kann durch die Verwaltung nicht nachvollzogen
werden. Der Anteil der muslimischen Bevölkerung an den Einwohnerzahlen wird
nicht gesondert erfasst.
b)
Seitens der
Verwaltung wird es als sinnvoll angesehen, die Zulässigkeit der Sarglosen
Bestattung auf den Neuen Friedhof in Kitzingen zu beschränken.
Im Neuen Friedhof
wird seitens der Stadt bereits jetzt versucht, den Bestattungswünschen der
Muslimischen Mitbürger so weit wie möglich Rechnung zu trage. Nachdem der
Stadtrat in seiner Sitzung am15.11.2018
beschlossen hatte, die Ausweisung eines Grabfeldes/ einer Abteilung für
muslimische Bestattungen auf der Erweiterungsfläche zum Neuen Friedhof wegen
des bestehenden Bodendenkmals nicht weiter verfolgen zu wollen, wurde dennoch
versucht, gemeinsam mit den Bestattungsunternehmen und den Vertretern der muslimischen
Gemeinde in Kitzingen bei Bedarf Grabstellen zu finden, die zumindest die
gewünschte Ausrichtung nach Osten ermöglichen.
Die
Verwesungsprozesse scheinen im neuen Friedhof weitgehend gut zu funktionieren,
was bei den sarglosen Bestattungen noch wichtiger ist, als bei den bisherigen
Bestattungsformen. Dies ist nicht bei allen städtischen Friedhöfen
gleichermaßen der Fall. Das zuständige Gesundheitsamt hat keine Bedenken gegen
die Zulassung der sarglosen Bestattung im Neuen Friedhof.
3. Vorgehensweise
Angelehnt an die
Vorgehensweisen in anderen Städten, die die sarglose Bestattung bereits
zugelassen haben, könnte bei der Bestattung wie folgt vorgegangen werden:
·
Während der
Trauerfeier in der Trauerhalle des Neuen Friedhofs hat sich die Leiche in einem
Sarg zu befinden
·
Die Verbringung des
Leichnams zum Grab muss zwingend in einem Sarg erfolgen
·
Der Transport des
Sargs zum Grab erfolgt durch die Stadt
·
Am Grab wird der in
ein Tuch gehüllte Leichnam aus dem Sarg genommen. Das Tuch muss den
hygienischen und mechanischen Anforderungen an eine Tuchbestattung genügen,
insbesondere muss es mit 6 fest vernähten Schlaufen versehen sein, die das
kontaktlose Hinablassen des Leichnams in das Grab ermöglichen
·
Der Leichnam wird
auf dem Rücken bestattet, eine Lagerung auf der Seite wird nicht ermöglicht
·
Die Schließung des
Grabes erfolgt durch die Stadt
Die genauen Abläufe
müssen noch verwaltungsintern und in Abstimmung mit dem Friedhofspersonal, den
Bestattungsunternehmen, den Vertretern der muslimischen Gemeinde vor Ort
besprochen werden. In der Satzung müssen dazu keine genauen Regelungen
aufgenommen werden, hier reicht die grundsätzliche Zulassung sargloser
Bestattungen.