Antrag des Freie Wähler/FBW Kitzingen e. V. Stadtratsfraktion auf eine einheitliche Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h im gesamten Stadtgebiet (Antrag vom 12.07.2020)

Betreff
Antrag des Freie Wähler/FBW Kitzingen e. V. Stadtratsfraktion auf eine einheitliche Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h im gesamten Stadtgebiet (Antrag vom 12.07.2020)
Vorlage
2020/275
Aktenzeichen
SG 31
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

Die Stadtratsfraktion des Freien Wähler/FBW Kitzingen e. V. hat mit Schreiben vom 12.07.2020 (vgl. Anlage) einen Antrag gestellt, wonach auf allen Straßen im gesamten Stadtgebiet, mit Stadtteilen, die max. Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h festgesetzt werden soll. Von dieser Regelung sollen lediglich die Tangenten ausgenommen werden. Im September 2020 hat der Stadtentwicklungsbeirat über den Antrag beraten und zugestimmt. Das Rechts- und Ordnungsamt sollte die Zulässigkeit und eventuelle Maßnahmen hierfür prüfen.

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Innerorts gilt grundsätzlich eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO).  Abweichende Anordnungen dürfen nur dort getroffen werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände geboten ist. Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h kann zum einen durch die Schaffung von 30er-Zonen oder durch streckenbezogene Anordnungen erfolgen. An beide Möglichkeiten hat der Gesetzgeber hohe Anforderungen gestellt.

 

1.    Eine Tempo 30-Zone darf nur in Wohngebieten und Gebieten mit einer hohen Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte, sowie hohem Querungsbedarf angeordnet werden. Die Zonenanordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Staats-, und Kreisstraßen) noch auf Vorfahrtsstraßen erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne durch Lichtzeichen geregelte Kreuzungen, Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Leitlinien und benutzungspflichtigen Radwegen umfassen. Innerhalb der Zone muss grundsätzlich „rechts vor links“ gelten. Bisher wurde von der Rechtsprechung auch das s. g. „Zonenbewusstsein“ vorausgesetzt. D. h. die Straßen sollten gleichartige Merkmale (z. B. Straßenbreite, Straßenraumaufteilung, Randbebauung etc.) aufweisen, so dass der Gesamteindruck des Straßenbereichs bereits nahelegt, dass eine niedrigere Geschwindigkeit gefahren werden sollte. Die neuere Rechtsprechung teilt diese Auffassung nicht mehr uneingeschränkt. Demnach muss ein „Zonenbewusstsein“ nicht mehr unbedingt vorliegen, nichts desto trotz sind Maßnahmen zu treffen, welche dem Verkehrsteilnehmer bewusst machen, dass in dieser Straße keine höhere Geschwindigkeit gefahren werden darf. Solche Maßnahmen können die Markierung, bzw. Einrichtung von Park- und Sperrflächen sein.

 

Tempo 30-Zonen, welche vor dem 01.11.2000 eingerichtet wurden, können in einzelnen Punkten von den jetzt gültigen gesetzlichen Regelungen abweichen (§ 45 Abs. 1c StVO).

 

2.    Eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung darf nur dort angeordnet werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist (§ 45 Abs. 9 StVO), d. h. es muss eine Gefahrenlage bestehen oder ein Risiko für das Leben oder die Gesundheit der Verkehrsteilnehmer vorhanden sein. Sofern übergeordnete Straßen betroffen sind, ist das Einverständnis des Straßenbaulastträgers notwendig.

 

Jede verkehrsrechtliche Anordnung muss begründet und gerichtlich überprüfbar sein. In den Vollzugsbekanntmachungen zur StVO wird ausgeführt, dass es nicht der Wille des Verordnungsgebers ist, dass für ganze Gemeindegebiete eine max. Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gelten soll, vielmehr sollen solche Regelungen die Ausnahme bleiben.

 

Ein weiterer Aspekt, welcher zu beachten wäre, ist der Umstand, dass eine Anordnung einer max. Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nur dann Sinn macht, wenn die Straße eine niedrige Geschwindigkeit aufgrund der Gestaltung (Breite, Parkmöglichkeiten etc.) auch vermittelt. Wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass das Aufstellen von Schildern alleine wenig erfolgsversprechend ist, insbesondere dann, wenn alle anderen Faktoren dafürsprechen, dass auch schneller gefahren werden könnte. Auch macht eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Gewerbe- und Industriegebieten nur wenig Sinn, da die Straßen hier meistens sehr gut ausgebaut sind und das Fußgänger- und Fahrradaufkommen sich in der Regel in einem sehr begrenzten Rahmen bewegt.

 

Eine verkehrsrechtliche Anordnung durch die Straßenverkehrsbehörde zur Verringerung der max. Geschwindigkeit, darf nur mit Zustimmung des zuständigen Straßenbaulastträgers und der Polizei erfolgen.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gesetzgeber und die Rechtsprechung keine flächendeckende max. Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erlauben. Jedoch entspricht es auch den Tatsachen, dass es im Stadtgebiet und den Stadtteilen bereits sehr viele Straßen bzw. Straßenzüge gibt, in denen die Geschwindigkeit reduziert ist. Daher spricht sich die Verwaltung gegen eine pauschale Geschwindigkeitsreduzierung aus.

 

Dies schließt die Prüfung weiterer Straßen hinsichtlich einer möglichen Geschwindigkeitsbeschränkung für zukünftige Einzelentscheidungen jedoch nicht aus.

 

1.    Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

2.    Im gesamten Stadtgebiet, mit Stadtteilen, ist die für den Straßenverkehr erlaubte max. erlaubte Geschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren. Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich die Tangenten.

 

3.    Diese Regelung soll in einer befristeten Pilotphase getestet werden.