1. Ausgangslage

Dem Stadtbauamt liegt ein Bauantrag vom 31.03.2014 (Eingang Bauamt: 01.04.2014) zur Nutzungsänderung und Umbau einer Gaststätte in 2 Wohneinheiten sowie Anbau eines Balkons vor. Die Maßnahme erfolgt im Gebäude der ehem. Gaststätte „Fellini“, Schweizergasse 5, in Kitzingen. Siehe auch Anlage 1.

Das Vorhaben ist wegen entgegenstehender planungsrechtlicher Voraussetzungen kritisch zu beurteilen.

 

2. Rechtliche Einstufung des Vorhabens

2.1 Gestaltungssatzung der Stadt Kitzingen

Für den Bereich der Innenstadt zwischen Hindenburgring Nord, Hindenburgring Süd und dem Main gilt die Gestaltungssatzung der Stadt Kitzingen, zuletzt geändert am 30.05.2011.

Für die vorliegende Maßnahme ist zum einen § 6 „Fassaden“ (dort: Absatz 3) der Satzung zu berücksichtigen, wonach gliedernde Elemente wie Erker, Balkone, Loggien etc. nur zulässig sind, soweit sie dem Baustil, den Maßverhältnissen der Fassade und der Umgebung entsprechen.

Wie aus den Fotos in Anlage 3 ersichtlich ist, verfügt das Gebäude bereits an den beiden Fassaden zur Südost-Ecke hin über je einen Erker mit 1 m Tiefe, der sich über zwei Geschossebenen erstreckt.

An der Nordost-Fassade soll nun im 1. OG der geplante Balkon zusätzlich dem Erker vorgesetzt werden. Die Fassadengliederung wird dadurch nicht wesentlich verändert.

Des Weiteren ist § 14 zur Gestaltung von „Balkonen und Brüstungen“ einschlägig. Danach sind Balkone und Loggien, soweit sie dem Bautypus entsprechen, so zu gestalten, dass sie sich in die Fassade einfügen. Der geplante Balkon hält in diesem Punkt die Satzung bezüglich der äußeren Gestaltung ein.

Insgesamt stehen die Vorschriften der Gestaltungssatzung dem Vorhaben nicht entgegen.

 

2.2 Bauplanungsrecht

Im Bereich des Vorhabens gilt der Bebauungsplan Nr. 2 „Westlich der Herrnstraße“, in Kraft getreten am 17.09.1986. Anzuwenden ist außerdem die Baunutzungsverordnung in der Fassung von 1977.

Neben Festsetzungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung (hier: „Kerngebiet“ für den gesamten Geltungsbereich mit max. 3 Vollgeschossen, geschlossene Bauweise) enthält diese Satzung insbesondere auch planungsrechtliche Bestimmungen zu den Verkehrsflächen und der Überbaubarkeit der Flächen. Die Grenzen der überbaubaren Flächen sind mittels Baugrenzen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 23 Abs. 3 BauNVO im zeichnerischen Teil festgesetzt (s. Anlage 4).

Ziel der Aufstellung des Bebauungsplans Mitte der 1980er Jahre war, die städtebauliche Entwicklung des Gebietes zu regeln, die Eigenart der vorhandenen Baustruktur zu erhalten und die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu sichern. Unmittelbarer Anlass für die Neuaufstellung des Bebauungsplans ergab sich aus dem Neubau der Kreis- und Stadtsparkasse.

 

Einerseits wurde (klarstellend) unter Punkt „B) Bauliche Nutzung, Nr. 4“ der textlichen Festsetzung die gesetzliche Regelung zur Zulässigkeit von sonstigen Wohnungen in Kerngebieten gem. § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO (1977) aufgenommen. Demnach sind Wohnungen in solchen Gebieten grundsätzlich erst oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses zulässig. Dies ist hier ab dem 1. OG möglich.

Des Weiteren wurde im Zuge mit dieser Neubebauung des gesamten Areals der angrenzende Fußgängerbereich (in der Schweizergasse) zwecks Bestandssicherung als nicht überbaubare Verkehrsfläche festgesetzt (s. S. 2 der Begründung zum Bebauungsplan und zeichnerischer Teil – Anlagen 4 und 5). Zu Gunsten der Öffentlichkeit ist ein Geh- und Fahrtrecht für diese Verkehrsfläche (Schweizergasse und Durchgang in die Ritterstraße) dinglich gesichert.

a)     Als wesentlicher Punkt steht aus planungsrechtlichen Gründen die beantragte Errichtung einer Wohnung im EG einer Genehmigung entgegen. In festgesetzten Kerngebieten gem. § 7 BauNVO sind Wohnungen erst mindestens ab dem 1. OG zulässig. Näheres kann in einem Bebauungsplan konkret geregelt werden. Dies ist hier der Fall, es sind „sonstige Wohnungen“ erst oberhalb der Erdgeschossebene zulässig.

b)     Mit dem vorliegenden Antrag erfolgt außerdem eine Überbauung dieses halböffentlichen Verkehrsraumes: zum einen durch einen ca. 2,5 m tiefen und 7,55 m breiten Balkon an der Nordost-Fassade (im 1. OG) und zum anderen durch eine private Freisitzfläche im EG(unter diesem Balkon) über die gesamte Gebäudebreite von ca. 12 m und mit einer Tiefe von etwa 3 m bis zur Trittstufe in der Verkehrsfläche (s. Anlage 2).

Mit dem geplanten Balkon erfolgt außerdem eine Überschreitung der festgesetzten Baugrenze um dieses Maß von 2,5 m.

Gemäß § 23 Abs. 3 BauNVO dürfen Gebäude und Gebäudeteile eine festgesetzte Baugrenze nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann im Einzelfall zugelassen werden.

 

2.3 Befreiungen nach § 31 BauGB

„Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder

2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde

und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.“

 

3. Resüme

Aus Sicht der Verwaltung wird eine Genehmigung unter Berücksichtigung der o.g. Belange in Aussicht gestellt. Notwendige Befreiungsanträge liegen soweit vor.

Der Verwaltungs- und Bauausschuss wird dennoch über das Vorhaben informiert.

 

 

 


 

  1. Der Verwaltungs- und Bauausschuss nimmt zur Kenntnis, dass im Gebäude Schweizergasse 5 eine Gaststätte zu 2 Wohneinheiten umgebaut wird, eine private Freisitzfläche innerhalb einer Verkehrsfläche entsteht und dass ein Balkon im 1. OG angebaut wird.