Betreff
Mobilfunk in Kitzingen, Antrag der Stadträte Rosmarie Richter, Jutta Wallrapp und Jens Pauluhn
Vorlage
2013/119
Aktenzeichen
61
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

Begründung der Antragsteller:

Mit der Kündigung der Verträge mit den Mobilfunkbetreibern durch die AWO zur Nutzung des Daches auf dem Hochhaus Klettenberg 90 wird ein sehr großer und wichtiger Schritt erreicht, die Belastungen und damit verbundenen (möglichen) Gefahren durch Mobilfunkstrahlung für die Kitzinger Bevölkerung zu reduzieren. Sicherlich hat dazu die Aufklärungsarbeit über die Gefahren aber auch zur Wertminderung von Immobilien beigetragen.

Im Rahmen der Personalausschusssitzung vom 29.01.2012 wurde von der Verwaltung verdeutlicht, dass die Rechtslage zur Gesundheitsvorsorge beim Thema Mobilfunk sowie zu möglichen Standorten inzwischen relativ deutlich und verhältnismäßig einfach ist. Dabei soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass der derzeitige Bauamtsleiter dieses Thema im Gegensatz zu seinen Vorgängern ernst nimmt und seine Bereitschaft zeigt, die Stadtratsbeschlüsse geordnet umzusetzen. Trotzdem muss jetzt insbesonders in Bezug auf die Standorte Schützenstraße 6 und Böhmerwaldstraße 2/6 das zuständige Sachgebiet unmissverständlich angewiesen werden, bestehende Stadtratsbeschlüsse und rechtliche Grundlagen durch entschlossenes Handeln endlich zeitnah umzusetzen (vgl. hierzu auch unsere Anträge vom 18.04. und 02.12.2011).

Unter Berücksichtigung der baldigen Verlagerung des Standortes Keltenstraße 51 wird jetzt unzweifelhaft ein größerer Bedarf an Neustandorten entstehen. Nur durch ein klares Handeln der Verwaltung kann jetzt verhindert werden, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Leider hat das zuständige Sachgebiet in Bezug auf die Erweiterung am Standort Böhmerwaldstraße wieder zögerlich gehandelt und Fakten schaffen lassen, die einer Gesundheitsvorsorge in einem faktischen WA-Gebiet entgegen stehen.

Auch ist damit zu rechnen, dass kurzfristig neue Standorte durch die Mobilfunkbetreiber gesucht werden, wenn der Rückbau der über 40 Antennen auf dem AWO-Gebäude erfolgt. Deswegen ist eine umfängliche Information der Bevölkerung unerlässlich.

 

Stellungnahme der Verwaltung:

Es wird empfohlen, dem Antrag der Stadträte Rosmarie Richter, Jutta Wallrapp und Jens Pauluhn aus folgenden Gründen nicht zuzustimmen:

1.        Rückbau Schützenstraße 6

Die Umsetzung bzw. Durchsetzung des Rückbaukonzeptes am Standort Schützenstraße 6 wurde von der Verwaltung bereits 2008 bzw. 2009 eingeleitet, indem die Mobilfunkbetreiber zur Beseitigung der Mobilfunkanlagen an diesem Standort aufgefordert wurden. Dagegen haben die Betreiber jedoch Klage eingereicht, die seitdem beim Verwaltungsgericht Würzburg bzw. Bay. Verwaltungsgerichtshof München zur Entscheidung liegen. Gleichzeitig musste, schon um vor dem Gericht zu bestehen, das Rückbaukonzept im Bereich der Schützenstraße umgesetzt werden.

Das sogenannte Rückbaukonzept umfasst nicht allein die Mobilfunkantennen, sondern auch sämtliche anderen Antennen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 21 „Am Eherieder Mühlbach“. Die darin enthaltene Festsetzung, wonach nur 1 Antenne je Gebäude zulässig ist, wurde gleichzeitig mit der Beseitigungsanordnung der Mobilfunkantennen bereits bei den übrigen betroffenen Eigentümern erfolgreich durchgesetzt.

Insofern besteht hier kein aktueller Handlungsbedarf; die Entscheidung der Gerichte bleibt weiterhin abzuwarten.

Anmerkung:       
Das Stadtgebiet westlich der Bahnlinie und entlang der B 8 wird bislang überwiegend vom Standort Schützenstraße aus funktechnisch versorgt. Sollten die Gerichte dort tatsächlich die Rückbauaufforderungen bestätigen, werden geeignete Ersatzstandorte notwendig werden (Näheres auch nachfolgend unter Nr. 3).

 

2.        Rückbau Böhmerwaldstraße 2/6

Auf dem Standort Böhmerwaldstraße 6 wurden am 06.11.2012 die vorhandenen Antennen (GMS /UMTS), verteilt auf 2 Antennenebenen, durch eine neue Kombiantenne ersetzt. Nunmehr befindet sich dort nur noch 1 Antennenebene (mit 3 Einzelantennen) auf dem unverändertem Mast. Die Verwaltung hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass für die bereits seit 2005 existierende Mobilfunkanlage kein Bauantrag vorlag bzw. seinerzeit nicht verlangt wurde. Ein Bauantrag ist hier aber erforderlich, da der Antennenmast im sichtbaren Bereich höher als 10 m ist und dieser somit gem. Art 57 BayBO nicht mehr verfahrensfrei ist.

Gemäß den Aussagen aus dem Rückbaukonzept zu diesem Standort – das allen Stadträten bekannt ist – wird die Ablehnung einer einzelnen Mobilfunkanlage auf Haus Nr. 6, wie derzeit der Fall, auch in einem unbeplanten Bereich nach § 34 BauGB, der als allgemeines Wohngebiet einzustufen ist, rechtlich nicht haltbar sein. Es können hier allein städtebauliche Gründe gegen einen Antennenmast  angeführt werden, welche z.B. in Form einer Ortsbildbeeinträchtigung hier aber nicht vorliegen. Die betroffene Betreiber Vodafone könnte allenfalls dazu bewegt werden, die benachbarten beiden kleinen Antennen auf Haus Nr. 2 auf einen einzigen (bestehenden) Mast zu bündeln. Andererseits handelt es sich gerade beim Standort Böhmerwaldstraße um einen funktechnisch notwendigen Standort, der in dem 2007 vom Stadtrat als Grundlage für künftige Entwicklungen im Bereich Mobilfunk beschlossenen Handlungskonzept (Gutachten Fa. enorm, dort: Seite 4) enthalten ist.

Das Rückbaukonzept für den Bereich der Böhmerwaldstraße betrifft sämtliche Arten von Antennen, wobei sich jedoch die Zahl der Sat-Antennen je Gebäude im zulässigen Rahmen bewegt. Insoweit sind hier aktuell nur noch die Mobilfunkantennen relevant.

 

3.        Verträgliche und abgestimmte Installation von Mobilfunkanlagen auf Grundlage des IkoM

Wie bereits erwähnt, hat der Stadtrat 2007 ein sog. „Mobilfunkkonzept“ beschlossen, dessen Kernaussage insbesondere die fachliche Beurteilung sowohl bestehender wie auch alternativer Standorte im gesamten Stadtgebiet ist. Dieses Gutachten der Fa. enorm, München, ist Handlungsgrundlage sowohl für die Verwaltung als auch den Arbeitskreis bzw. Stadtrat, soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften im Einzelfall dagegen stehen (so unterliegen Mobilfunkanlagen z.B. im Außenbereich grundsätzlich einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB).

a)

Die zuletzt von Mobilfunkbetreibern geplanten neuen Standorte im Bereich Winterleite (Telekom) und nördlich des Klinikums (Vodafone) entsprechen dieser vom Stadtrat beschlossenen Grundlage (s. Anlagen 1 und 2) und liegen auch jeweils im Außenbereich. Im Fall „Winterleite“ war gerade Letzteres Kernpunkt der gerichtlichen Entscheidung und führte dazu, dass hier eine Baugenehmigung zu erteilen war (März 2012). Das Konzept ist auch den Mobilfunkbetreibern bekannt, die sich insbesondere im jüngsten Fall (nördlich des Klinikums) ausdrücklich an die fachlichen Empfehlungen des Gutachtens gehalten haben, bzw. freiwillig den geplanten Standort noch weiter vom Klinikum bzw. der nächstliegenden Wohnbebauung bis auf das technisch vertretbare Maß abgerückt haben.

Hierzu hat die Verwaltung auch im Nachgang zur letzten Sitzung des Arbeitskreises (27.11.2012) – wie dort von den Teilnehmern gewünscht – ein Gespräch mit dem Antragsteller geführt, ob u.a. hinsichtlich der Frage der Abstandsflächen noch einmal die Planungen überarbeitet werden können. Dies hat der Betreiber zugesagt, ein geänderter Antrag liegt aber bislang noch nicht vor.

Dieser Standort nördlich des Klinikums wird mittelfristig als Ersatz für die im November 2012 auf dem Standort Keltenstraße 51 abgebauten Stabantennen dienen (der Abbau wurde gerichtlich zu Gunsten der Stadt entschieden). Eine Mitnutzung der nächstliegenden Mobilfunkmasten (Repperndorf – Nähe Pendlerparkplatz GWF und/oder Gittermast auf Gemarkung Buchbrunn) kommt nach seinen Aussagen nicht in Frage: viel zu große Entfernung und auf Grund der dazwischen liegenden Topografie von dort aus keine Funkversorgung des Stadtgebietes westlich der Bahnlinie möglich. Dies wird umfassend so auch im Mobilfunkgutachten bestätigt und führt daher zu der Notwendigkeit der dort dargestellten Alternativstandorte (s. Anlage 2).

b)

Im Fall des Standortes Klettenberg 90 (AWO-Hochhaus) laufen in den kommenden Jahren zwei von drei Verträgen der AWO mit den dort vertretenen Mobilfunkbetreibern aus. Die Verträge wird die AWO nicht mehr verlängern. Näheres ist dem Protokoll zum letzten Arbeitskreis vom 27.11.2012 zu entnehmen (allen Stadträten und AK-Mitgliedern zugesendet), ebenso die insbesondere hierzu besprochene weitere Vorgehensweise.

Soweit auch hier in Zukunft Ersatzstandorte notwendig werden, sind bereits im Gutachten eindeutig entsprechende Alternativen aufgezeigt worden (z.B. im Gewerbegebiet Goldberg). Auch dazu hat der Betreiber Vodafone in dem oben genannten Gespräch seine Kooperationsbereitschaft mit der Verwaltung deutlich gemacht und von sich aus erklärt, es könne unter Umständen sogar günstiger gelegene Standorte im Außenbereich geben. Genaueres ist hierzu aber nicht bekannt.

Abschließend lässt sich zu diesem Thema in aller Deutlichkeit festhalten, dass bislang neue (geplante) Standorte (s. oben) stets unter Berücksichtigung der Grundlage „Kitzinger Mobilfunkkonzept“ entstanden sind. Daher ist es zu begrüßen, wenn auch die Mobilfunkbetreiber diesbezüglich Verständnis zeigen und das Gutachten für ihre Planungen zu Grunde legen und dem somit vom Stadtrat gewollten Schutz der Bevölkerung vor (möglicherweise) risikobehafteten Mobilfunkstrahlen – soweit rechtlich machbar und technisch vertretbar – Rechnung tragen.

 

4.        Neuauflage der Broschüre

Die Verwaltung hat die Mitglieder des Arbeitskreises im Jahr 2012 nach Vorstellung einer überarbeiteten Fassung der Broschüre wiederholt gebeten, ggf. eigene Inhalte/Vorschläge einzubringen. Rückmeldungen sind bis heute nicht eingegangen.

Soweit im Haushalt entsprechende Mittel für eine Neuauflage zur Verfügung stehen, kann die vorgestellte Fassung der Broschüre neu gedruckt werden.

 

 

 

  1. Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

  1. Die Verwaltung wird aufgefordert, die bestehenden Beschlusslagen des Stadtrates zur Gesundheitsvorsorge gegenüber den Gefahren durch Mobilfunk auf folgenden Standorten unverzüglich, spätestens bis zum 30. Juni 2013, unter Beachtung des BauGB und der BauNVO sowie der u.a. durch die Stadt Kitzingen erzwungenen VGH-Urteile schnellstmöglich, umzusetzen:

·          Umsetzung und Durchsetzung des bestehenden Rückbaukonzepts am Standort Schützenstraße 6.

·          Rückbau der widerrechtlich errichteten Mobilfunkanlage an den Standorten Böhmerwaldstraße 2 und 6.

·          Unter Einbindung des Arbeitskreises Mobilfunk erneut versuchen, mit den einzelnen Mobilfunkbetreibern eine verträgliche und abgestimmte Installierung von Mobilfunkanlagen auf der Grundlage unseres IkoM in Kitzingen zu erreichen.

·          Neuauflage der Broschüre zum Mobilfunkkonzept Kitzingen gem. Schreiben vom 22.11.2010/ 02.12.2011.