Betreff
Antrag der Kommunale Initiative Kitzingen-Fraktion zur Trinkwasserversorgung in Kitzingen, Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen
Vorlage
2013/127
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

Begründung der KIK-Fraktion:

Die KIK-Fraktion nimmt den Tag des Trinkwassers am 22.März 2013 zum Anlass, die bereits in der Öffentlichkeit diskutierten EU-Privatisierungstendenzen der Trinkwasserversorgung aufzugreifen, um frühzeitig die notwendigen Schritte gegen diese negative Entwicklung ein-leiten zu können. Nach der Abstimmung der Konzessions-Richtlinie am 24.1.2013 im Ausschuss des Europaparlaments erfolgt ein weiteres Verfahren, ein sogenannter Trilog zwischen dem EU-Ministerrat, der EU-Kommission und dem Parlament. Der Termin für die Plenarsitzung im EU-Parlament zu den Richtlinien wird voraussichtlich bereits im Mai 2013 sein. Daher erscheint es notwendig den Stadtrat, aber auch die Öffentlichkeit generell über die Situation der Trinkwasserversorgung in Kitzingen umfassend zu informieren und schnellstens in der Angelegenheit >Richtlinienentwurf< aktiv zu werden. Andere Städte haben bereits Resolutionen verfasst und an die EU-Abgeordneten gesandt, um der beab­sichtigten Liberalisierung des Wassermarktes entgegenzuwirken.

 

Anbei 10 Themenbereiche, über die informiert werden sollte:

 

01   Vorstellung des gegenwärtigen Betreibermodells Stadt Kitzingen - LKW mit allen vertrag-

lichen Regelungen

02   Auswirkungen des Richtlinienentwurfes der EU-Kommission zur Privatisierung öffent-

licher Dienstleistungen

Mögliche Vorkehrungsmodelle, z.B. Ausgliederung der Wassersparte

Wie ist die Vertragslaufzeit LKW/Stadt bis 2032 durch die neue EU-Richtlinie betroffen?

Erläuterung der von der EU festgesetzten Übergangszeit bis 2020

03   Preis- und Tarifgestaltung generell für die Lieferung von Trinkwasser in Kitzingen Trans-

parenz der Kalkulation

Umfang und Auswirkung von Sondervertragspreisen auf Preisgestaltung - Kosten-

deckungsprinzip

04   Technischer Zustand der Wasseraufbereitungsanlagen und des Wasserleitungsnetzes.

Rohrleitungsbedingte Verluste - Aufzeigen langfristiger Entwicklungsziele der Trink-

wasserversorgung

05   Beschaffenheit des Kitzinger Trinkwassers - Information über die Wasserqualität - Trink-

wasserverordnung 2001 - Prüfberichtstatistik - chemische und mikrobiologische Analytik

- Ultrafiltration - Zustand der einzelnen Trinkwasserbrunnen sowie Aussagen zu deren

Förderkapazitäten

06   Schutz der Wassereinzugsgebiete - Vergrößerung der Schutzgebiete zur Verhinderung,

z.B. des Nitrateintrages

07   Desinfektion des Trinkwassers - Chlorierung - ein Gesundheitsrisiko?

08   Legionellen in den Warmwasserbereichen - Zustandsbericht

09   Wassereinsparprogramme - Wechselwirkung mit Durchflussmengen und Entsorgung

von Abwässern

10   Aufklärung der Öffentlichkeit über geeignete Materialien von Hausinstallationen zur Ver-

meidung chemischer Reaktionen und Verunreinigungen

 

Richtlinienentwurf der EU-Kommission - Rechtzeitiges Entgegenwirken

 

Betroffen von dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen sind Stadtwerke als Mehrsparten-Unternehmen, die die Bürger neben Wasser auch mit Strom und Gas versorgen. Diese Stadtwerke müssten ihre Wassersparte künftig ausschreiben oder ausgliedern. Das gilt für Stadtwerke, die mehr als 20% des Unternehmensumsatzes aus Energie erbringen, sowie außerhalb ihrer kommunalen Grenze Dienstleistungen für andere Kommunen erbringen.

Die negativen Erfahrungen mit Privatisierungen sind in der Vergangenheit bereits in ver­schiedenen Städten zutage getreten. Deshalb erscheint es notwendig bereits vor der Verabschiedung dieser EU-Richtlinie im Mai 2013 mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Vorkehrungen zu treffen, um die Privatisierungsbestrebungen bei kommunalen Daseins-vorsorge-Einrichtungen zu verhindern.

 

Wenn diese EU-Richtlinie erst verabschiedet ist, ist es zu spät sich zu wehren. Deshalb müssen jetzt umgehend alle Maßnahmen in die Wege geleitet werden, um der Zielsetzung der EU-Richtlinie entgegenwirken zu können. Dazu gehört die Prüfung einer möglichen Ausgliederung der Wassersparte aus den LKW-Stadtwerken, die 2007 mit der Stadt Kitzingen einen Wasserkonzessions-Vertrag mit einer Laufzeit bis 2032 geschlossen haben. Zur Regelung ist von der EU eine Übergangszeit bis 2020 vorgesehen.

Es ist bekannt, wie solche Privatisierungen dem Profitstreben von international arbeitenden Konzernen Vorschub leisten können. Durch nachweisbare konsequente Reduzierung des Unterhalts bei Wassernetzen, Fördertechnik und Filteranlagen der Brunnen entstand in anderen Städten großer Schaden. Als Konsequenz sank die Qualität des Wassers, dennoch wurde der Verbrauchspreis drastisch erhöht.

 

Tarifgestaltung

 

Die Grundlagen der Preis- und Tarifgestaltung im Bereich Trinkwasser sollten transparent und nachvollziehbar dargelegt werden, mit der Begründung der Notwendigkeit von Preis-steigerungen. Hierzu sind Erläuterungen zu den Kosten für Infrastruktur, Wartungskosten und Konzessionsabgabe sowie zum Nord-Süd-Preisgefälle notwendig (Bayerndurchschnitt 1,28 Euro/m3).

 

Reduzierung des Wasserverbrauchs

 

Aussagen zu Wasserverbrauch und den Bemühungen zur Wassereinsparung, notwen­digerweise verbunden mit den möglichen Wechselwirkungen bei der Entsorgung von Abwässern könnten zur weiteren Aufklärung der Bevölkerung beitragen.

 

Wasserqualität

 

Neben der Auflistung der im Trinkwasser enthaltenen chemischen und biologischen Stoffe (Reinheitsanforderungen) sollte ebenfalls auf die Gefahrenstellen und neuen Verordnungen in den Warmwasserbereichen (Legionellen) eingegangen werden.

 

Heutiges Wasserleitungsnetz und Entwicklungsziele

 

Ein Bericht über den technischen Zustand des Kitzinger Wasserleitungsnetzes sowie die Förder- und Wasseraufbereitungsanlagen sollte Einblicke über einen möglichen Investi-tionsbedarf vermitteln, zusätzlich abgerundet mit einer Aussage zur langfristigen Kapazität unserer Wasserversorgung bzw. der Trinkwasserbrunnen, ergänzt durch die Entwicklungs-

ziele der Trinkwasserversorgung

 

Sicherung der Wasserqualität

 

Im engeren Umkreis von Trinkwasserbrunnen wurden bereits mit Landwirten Verein-barungen getroffen, um den möglichen Schadstoffeintrag durch Düngemittel zu minimieren. Welche Erfahrungswerte liegen aus diesen Maßnahmen vor? Welche Vorteile bringen zu-sätzliche Schutzzonen im weiteren Umkreis, in denen nur noch Ökolandwirtschaft betrieben werden dürfte? Welche Kosten entstehen durch die Anwendung dieses Prinzips >Vermeidung statt Reinigung<?

 

 

 

 

Desinfektionsverfahren

 

Hinterfragt werden sollte ebenfalls das in Kitzingen angewandte Desinfektionsverfahren mit Chlor. In einigen Städten wird bereits auf die routinemäßige Zugabe verzichtet. Im Hinblick auf mögliche gesundheitliche Schädigungen sollte die Kitzinger Praxis begründet werden. (Die Trinkwasserverordnung erlaubt 0,3 Milligramm Chlor pro Liter Wasser. Etwa die Hälfte der deutschen Wasserversorger setzt Chlor nicht mehr zur Desinfektion routinemäßig zu).

 

Werkstoffinformationen

 

Um Qualitätseinbußen beim Trinkwasser zu vermeiden sollten den Verbrauchern auch regelmäßig Informationen über die geeigneten Materialien, gerade beim Einsatz von metal­lischen Werkstoffen bei der Hausinstallation an die Hand gegeben werden.

 

Berichtspflicht des Wasserversorgers

 

Die regelmäßige Information der Verbraucher und die Berichtspflicht des Trinkwasserunter-nehmers ist in der Trinkwasserverordnung 2001 in §21 geregelt. Die Tochtergesellschaft LKW der Stadt Kitzingen kommt diesen Bestimmungen mit den Veröffentlichungen im Internet nach. Eine weitergehende und umfassendere Berichterstattung wäre aber hilfreich, gerade in Zeiten, in denen das Trinkwasser in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist.

 

Die KIK-Fraktion bittet Sie in Kooperation mit der städtischen Tochtergesellschaft LKW diese umfassende Information zum Thema Trinkwasser zeitnah auf die Tagesordnung des Stadt-rates zu setzen, nicht zuletzt, um in der kurzen Zeitspanne bis zur nächsten EU-Parlaments-Abstimmung im Mai 2013 noch eine eindeutige Stellungnahme zur beabsichtigten Liberali-sierung des Wassermarktes an die verantwortlichen EU-Parlamentarierer richten und so der Position der Stadt Kitzingen Nachdruck verleihen zu können.

 

 

Beschlussvorschlag der KIK-Fraktion:

 

Die Kommunale Initiative Kitzingen beantragt die Mitglieder des Stadtrates und zugleich die Bevölkerung über die geplante Veränderung (bedingt durch den Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen) im Bereich der Trinkwasserversorgung zu informieren und ggf. Schritte zur Sicherstellung der kom­munalen Trinkwasserversorgung einzuleiten.