1. Ausgangslage
Dem Stadtbauamt liegt eine Bauvoranfrage vom 11.06.2014 (Eingang Bauamt: 11.06.2014) zur Nutzungsänderung im Wohnhaus Keltenstraße 11, Flurstück Nr. 3737, Kitzingen, vor.
Der Antragsteller möchte in dem Objekt eine ehem. Steuerberatungskanzlei als Büroräume für sein Bestattungsinstitut umnutzen. Des Weiteren soll eine Doppelgarage auf dem Grundstück errichtet werden. Ein bestehender Carport (angebaut an das Wohnhaus) soll künftig als Ausstellungsraum genutzt werden.
Mit dem Vorbescheid möchte der Antragsteller die planungsrechtliche Zulässigkeit dieser Änderungspunkte von der Verwaltung prüfen lassen.
2. Planungsrechtliche Bewertung
2.1 Bebauungsplan Nr. 26
„Muldenweg“
Für den Bereich der geplanten Nutzungsänderung gilt der Bebauungsplan Nr. 26 „Muldenweg“ (9. Änderung), rechtskräftig seit 05.12.1981. Anzuwenden ist dazu die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung von 1977.
Die Satzung setzt für den Bereich des Flurstücks Nr. 3737 ein Allgemeines Wohngebiet gem. § 4 BauNVO fest (s. Anlage 1).
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO besteht die Möglichkeit der ausnahmsweisen Zulässigkeit von sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieben im allgemeinen Wohngebiet. Im hier maßgeblichen Bebauungsplan wurde aber die Anwendbarkeit dieses Absatzes 3 ausdrücklich ausgeschlossen (s. Anlagen 2 +3).
Die künftig in dem Objekt beabsichtigte Nutzung umfasst neben Wohnen hauptsächlich den Geschäftssitz eines Bestattungsunternehmens mit Büroräumen sowie Ausstellungsmöglichkeiten (für Särge usw.). Die Berufsform „Bestattungsunternehmen“ ist planungsrechtlich und bauordnungsrechtlich grundsätzlich als „Gewerbebetriebe“ einzustufen.
Damit fehlt es an der planungsrechtlichen Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung wegen des Ausschlusses von § 4 Abs. 3 BauNVO. Eine Genehmigung kann unter diesen Voraussetzungen nicht in Aussicht gestellt werden.
2.2 Befreiung nach § 31
Baugesetzbuch
Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von
den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der
Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder
2. die Abweichung
städtebaulich vertretbar ist oder
3. die Durchführung des
Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch
unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen
vereinbar ist.
Mit dem Ausschluss der
Anwendbarkeit des § 4 Abs 3. BauNVO (u.a. sonstige nicht störende
Gewerbebetriebe) wurde der Gebietscharakter für das allgemeine Wohngebiet
zwischen Alemannenstraße und Frankenweg bzw. Keltenstraße im Rahmen des
Bebauungsplanes konkretisiert. Dadurch sind überhaupt keine gewerblichen
Nutzungen in dem Wohngebiet zulässig, selbst wenn sie keine Störungen
hervorrufen. Damit ist ein wesentliches Element der zulässigen Gebietsnutzung
und damit ein sog. „Grundzug der Planung“ klar vorgegeben worden, indem
ausschließlich dem Wohnen Priorität eingeräumt wurde. Bislang existieren in dem
allgemeinen Wohngebiet auch keine gewerblichen Nutzungen.
Da der Bestattungbetrieb des
Antragstellers jedoch einer gewerbliche Nutzung zuzuordnen ist und neben der
Büronutzung auch Ausstellungsräumlichkeiten geplant sind, ist eine Befreiung
von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht möglich, da damit die dargestellten
Grundzüge der Planung berührt werden und die Gebietsnutzungen zu Gunsten einer
künftigen gewerblichen Nutzung erstmalig „gelockert“ würden.
Die übrigen Befreiungsgründe
(Nr. 1-3 des § 31 Abs. 2 BauGB) kommen daher nicht mehr in Betracht.
Hinweis:
Die Anwendbarkeit des § 13
BauNVO (Räume für freie Berufe) kommt ebenfalls nicht zu Gunsten des
Antragstellers in Frage, da ein Bestattungsunternehmen – auch wenn im vorliegenden
Fall z.B. keine Produktionsstätte für Särge etc. am Standort existiert und
somit keine erheblichen Emissionen erzeugt werden – stets als Gewerbebetrieb
gilt und somit nicht einer freiberuflich ausgeübten Tätigkeit entspricht, wie
bei Ärzten, Anwälten, Architekten etc.
3. Resüme und Empfehlung der Verwaltung
Wie dargestellt, liegen die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine positive Beurteilung der
Voranfrage nicht vor. Zum einen wurde die Möglichkeit der ausnahmsweisen Zulässigkeit
nicht störender Gewerbebetriebe für das allgemeine Wohngebiet extra ausgeschlossen,
zum andern kommt auch eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans
nicht in Frage, da ansonsten Grundzüge der Planung berührt werden.
Dies trifft insbesondere auch
vor dem Hintergrund zu, dass bislang keine gewerblichen Nutzungen im allgemeinen
Wohngebiet rund um das Vorhaben existieren. Das ist von entscheidender
Bedeutung im Hinblick auf die bereits gerichtlich entschiedene Unzulässigkeit
von Mobilfunkanlagen im Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 26 „Muldenweg“.
Würde mit der Genehmigung des beantragten Vorhabens erstmals eine gewerbliche
Nutzung – selbst wenn diese ohne störende Emissionen einhergeht – genehmigt,
ist damit auch zumindest innerhalb des allgemeinen Wohngebiets die Möglichkeit
auf Ausnahme der Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen eröffnet.
Unter all diesen
Gesichtspunkten kann der Vorbescheid daher nicht positiv ausfallen.
1. Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.
2. Der Verwaltungs- und Bauausschuss stimmt der Voranfrage zur Nutzungsänderung im Wohngebäude Keltenstraße 11 nicht zu.