Betreff
städtisches Grundvermögen;
hier: Konkretisierung des Stadtratsbeschlusses vom 2.12.1999 zur Bodenpolitik
Vorlage
2014/315/1
Aktenzeichen
61.3
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)
Referenzvorlage

 

1.   Ausgangslage:

In der Sitzung vom 02.12.1999 hat der Stadtrat folgenden Beschluss zur Bodenpolitik gefasst (s. Anlage):

„Die Stadt Kitzingen weist nur noch neue Baugebiete aus, wenn alle Eigentümer bereit sind, ihre Grundstücke an die Stadt zu verkaufen. Die Bodenwertfestlegung erfolgt im Einzelfall durch den Stadtrat auf der Grundlage eines Gutachtens.“

Gemäß dieser Vorgabe wurden die Wohnbaugebiete „Hammerstielweg“, „Buddental“ und „Holunderweg“ (Erweiterung) sowie das Gewerbegebiet „Großlangheimer Straße Nord“ ausgewiesen.

Seither hat es jedoch auch verschiedentlich Anfragen zur Ausweisung von Baugebieten gegeben, die vorausgesetzt hätten, dass die jeweiligen privaten Grundstückseigentümer ihr Eigentum behalten und die Bauplatzparzellen nach erfolgter Erschließung selbst vermarkten, was einen Verstoß gegen den vorgenannten Stadtratsbeschluss bedeuten würde.

Daher wurde aus der Mitte des Stadtrates angeregt, den bestehenden Beschluss kritisch zu prüfen und ggf. aufzuheben. Dieses Thema wurde auch in der letzten Sitzung des Stadtentwicklungsbeirats am 23.09.2014 (nicht öffentlich) diskutiert mit der Empfehlung an den Stadtrat, diesen Beschluss zur Baulandentwicklung durch Private aufzuheben.

 

2.   Einschätzung der Verwaltung:

Die Gründe, die den Stadtrat seinerzeit bewogen haben, den oben zitierten Grundsatzbeschluss zu fassen, werden von der Verwaltung nach wie vor für stichhaltig gesehen. Hinzu kommt, dass es sich bei Gebietsentwicklungen, welche vollständig neu zu realisierender Erschließungsanlagen bedürfen, in der Vergangenheit gezeigt hat, dass insbesondere die Umsetzung der Erschließungsanlagen (Straßen, Wege, Kanalisation) oftmals an der finanziellen Leistungsfähigkeit des (privaten) Vorhabenträgers scheiterte. Ein Grund mag sein, dass von Dritten der tatsächliche finanzielle Erschließungsaufwand unterschätzt wird. Die Vorteile der bisherigen Regelung sind vor allem:

·           Ein aufwändiges Baulandumlegungsverfahren, das Kapazitäten der Verwaltung bindet, ist nicht erforderlich.

·           Durch die Möglichkeit, den Verkaufspreis festzulegen und direkt auf den Käuferkreis der Bauplätze weiterzugeben, greift die Stadt im Sinne der Bürger und Bauinteressenten regulativ in den Bodenmarkt ein.

·           Die Gewinnabschöpfung verbleibt bei der Stadt und kommt somit dem Gemeinwohl zugute.

·           Die Bauplätze können durch die Stadt zügig vermarktet werden, ohne die Gefahr von verbleibenden Baulücken, die sich Private oft zurückbehalten für nachfolgende Generationen oder als Wertanlage aufbewahren. Durch die „Eigenvermarktung“ sinkt der Flächenverbrauch für Bauland.

·           Dem Risiko, dass ggf. Grundstückseigentümer nicht verkaufsbereit sind und somit die Ausweisung eines neuen Baugebietes scheitert, kann durch verschiedene Anreize an die Eigentümer begegnet werden - etwa durch das Angebot, einen Teil der eigenen Fläche als Bauland abgefunden zu erhalten.

·           Die Stadt verfügt über das Know-how, den realistischen Erschließungsaufwand für ein neues Baugebiet einzuschätzen und damit die Machbarkeit darzulegen.

 

3.   Maßgaben für die Entwicklung von Außenbereichsflächen durch Private

Für Flächen im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB kann künftig generell auch eine Entwicklung durch (private) Dritte erfolgen. Abweichend hiervon ist im Einzelfall eine Flächenentwicklung durch Private im Außenbereich gem. § 35 BauGB nur nach folgenden Maßgaben und in zwei Stufen möglich:

Stufe 1

Der Vorhabenträger weist seine grundsätzliche finanzielle und technische Leistungsfähigkeit zur Vollständigen Planung und Realisierung der notwendigen Erschließungsanlagen vor Beginn des Projekts gegenüber der Stadt Kitzingen nach (z.B. durch Bankbürgschaften, Referenzen etc.). Weitere notwendige Voraussetzungen stehen in Abhängigkeit des konkreten Projektes und werden dem potenziellen Vorhabenträger/ Investor mitgeteilt.

Stufe 2

·           Die Entwicklung der angestrebten Fläche ist städtebaulich sinnvoll, lässt sich in die gesamtstädtische Entwicklung einordnen und die Erschließung möglich,

·           der Bedarf bzw. die Nachfrage wird dargelegt,

·           es besteht ein wirtschaftliches Interesse der Allgemeinheit und

·           Maßgaben des Natur- und Umweltschutzes sind strikt zu beachten (Beispiel: unüberwindbare Hürde der Überplanung von Schutzgebieten wie Biotopen, Natura-2000-Gebeiten)

Hinweis:
Generelle Anhaltspunkte zu den Entwicklungschancen einer Fläche enthält der Flächennutzungsplan der Stadt Kitzingen. Die Stadt hat für sich mit Feststellungsbeschluss des Plans  die darin enthaltenen Entwicklungsabsichten für verbindlich erklärt. Im Plan sind die (noch) zu entwickelnden Flächen weitestgehend enthalten und von der höheren Planungsbehörde genehmigt. Ebenso sind darin wesentliche Umwelt- und Naturschutzbelange, wie Schutzgebiete oder Freihalteflächen, ablesbar.

 

4.   Vorschlag zur künftigen Regelung:

Aus den unter Ziffern 2 und 3 aufgeführten Hinweisen gibt es aus Sicht der Stadtverwaltung insbesondere einen Regelungsbedarf im Hinblick auf Flächen, welche nicht erschlossen sind oder einen erhöhten Erschließungsbedarf beinhalten. Aus diesen Gründen schlägt die Verwaltung für die Zukunft zusammengefasst folgende Regelungen vor:

Auf unbeplanten Innenbereichsflächen gem. § 34 BauGB, die entweder brach liegen oder einer Konversion zuzuführen sind, vermögen private Investoren oftmals kostengünstiger und effektiver Bauprojekte zu entwickeln, als dies der Stadt möglich ist. Gerade weil im Bereich der Innenentwicklung oder Nachverdichtung auf solchen Flächen in der Regel höhere Preise zu erwarten sind, die sich ggf. durch Rückbau von Altsubstanz oder Sanierung von Bodenbelastungen deutlich erhöhen können, kann ein Auftreten der Stadt als Zwischenhändler kontraproduktiv sein. Daher kann sich die Verwaltung darauf verständigen, dass der Grundsatzbeschluss zur Bodenpolitik diesbezüglich abgeändert wird.

Im Gegenzug bleibt eine Entwicklung von Außenbereichsflächen gem. § 35 BauGB der Stadt vorbehalten. Im Einzelfall jedoch kann hier eine Ausnahme zu Gunsten eines privaten Entwicklers getroffen werden, wenn von ihm bestimmte Nachweise erbracht werden, insbesondere über seine finanzielle und technische Leistungsfähigkeit zur Herstellung der notwendigen Erschließungsanlagen.

 

1.   Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

2.   Der Stadtratsbeschluss vom 02.12.1999 wird wie folgt konkretisiert:

 

a.      Für Flächen im Außenbereich gem. § 35 BauGB gilt künftig: Die Stadt Kitzingen weist dort neue Wohnbaugebiete oder gewerblich nutzbare Gebiete ab sofort nur noch dann aus, wenn sie vor Beginn eines entsprechenden Bauleitplanverfahrens zu 100 v. H. im Eigentum der hierzu vorgesehenen Flächen ist. In Ausnahmefällen ist eine Einzelfallregelung durch den Stadtrat gemäß der Maßgaben unter Ziff. 3 des Sachvortrags herbeizuführen.

 

b.     Auf Flächen, die dem unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB zuzuordnen sind und die durch Stadtreparatur, Nachverdichtung oder Innenentwicklung einer höheren Wertigkeit zugeführt werden können, kann eine bauliche Entwicklung auch durch Dritte erfolgen. Diese Flächen müssen sich nicht im Eigentum der Stadt Kitzingen befinden.

 

c.      Ausgenommen von diesen Regelungen ist die Konversionsfläche der ehemaligen „Marshall Heights“. Hier ist eine Einzelfallregelung zur Entwicklung durch den Stadtrat herbeizuführen.