Ausgangslage
Am 21.06.2012 hat der Stadtrat nach einem Antrag der CSU-Stadtratsfraktion beschlossen entlang der Bahntrasse Würzburg –Fürth im Stadtgebiet Kitzingen Lärmmessungen durch ein Fachbüro durchzuführen.
Weiterhin fand am 08.10.2012 in der Alten Synagoge eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema Bahnlärm mit Fachleuten aus der Wissenschaft, Verkehrsexperten, Vertretern der Deutschen Bahn und der Kommunalen Spitzenverbände statt.
Lärmmessungen
Durch das Büro Wölfel, Höchberg wurden vom 24.06.2014 bis zum 01.07.2014 entlang der Bahnlinie Nürnberg – Würzburg an ausgewählten Wohngrundstücken die Geräuscheinwirkungen messtechnisch erfasst und die Beurteilungspegel des Bahnverkehrs für die Beurteilungszeiträume Tag und Nacht ermittelt.
Messorte:
MP 1 Paul-Rücklein-Straße 7 allgemeines Wohngebiet (WA)
MP 2 Friedenstraße 3a Mischgebiet (MI)
MP 3 Hindenburgring Nord 1c Mischgebiet (MI
MP 4 Richard-Wagner-Straße 18 allgemeines Wohngebiet (WA)
Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse:
Wohngebiet Paul-Rücklein-Straße
(MP 1)
Hier ist an allen Messtagen die
sichere Einhaltung des Immissionsgrenzwerts der 16. BimSchV für allgemeine
Wohngebiete IGW WA, Tag = 59 dB (A) am Tag festzustellen.
Im Nachtzeitraum wird von Samstag auf Sonntag auch der Immissionsgrenzwerts
IGW WA, Nacht = 49 dB(A) unterschritten; in den übrigen
Nächten jedoch um bis zu 8 dB überschritten.
Mischgebiet Friedenstraße
(MP2)
Tagsüber wird der
Immissionsgrenzwert IGW MI, Tag = 64 dB(A) durch den Bahnverkehr um
1 dB und durch den Gesamtverkehr um 2 dB überschritten, am Sonntag leicht
unterschritten bzw. eingehalten. Nachts wird der Grenzwert IGW MI, Nacht =
54 dB(A) aus Bahnverkehr um
4 dB (Samstag auf Sonntag) bis zu 14 dB (übrige Nächte) überschritten. Der
Straßenverkehr kann nachts demgegenüber nachts als untergeordnet betrachtet
werden.
Mischgebiet Hindenburgring
Nord (MP 3)
Die Geräuschimmissionen sind hier so deutlich vom Bahnverkehr bestimmt, dass weitere Geräusche (auch der Straßenverkehr der Nordtangente) demgegenüber nicht relevant sind und zu keiner weiteren Erhöhung beitragen. Es werden Überschreitungen der Grenzwerte für Mischgebiete tagsüber um 2 dB (Sonntag) und 7 dB (übrigen Tage) und nachts um 7 dB (Samstag auf Sonntag) und 19 dB festgestellt.
Wohngebiet Richard-Wagner-Straße
(MP 4)
Die hier ermittelten Geräuschimmissionen werden analog zum Messpunkt MP 3 ausschließlich durch den Bahnverkehr bestimmt. Aufgrund des von den Bahnanlagen zu den Wohngrundstücken hin ansteigenden Geländes ergeben sich sehr hohe Schallimmissionen, welche die Immissionsgrenzwerte tagsüber um 5 dB (Sonntag) und bis 10 dB (übrigen Tage) sowie nachts um 6 dB (Samstag auf Sonntag) und bis 20 dB (übrigen Tage) überschreiten.
Die eingesetzten Messgeräte waren Präzisionsschallpegelmesser nach DIN EN 60651 mit einer Fehlergrenze von ± 0,7 dB. Durch die gewählten Aufstellorte ergaben sich keine relevanten Geräuschminderungen (Abschirmungen) oder Erhöhungen (Schallreflexionen). An den umliegenden Wohngebäuden kann unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Abstände zu den Bahnanlagen eine maximale Abweichung von ± 2 dB zu den Messwerten angegeben werden. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisgenauigkeit ergaben sich besonders für den Nachtzeitraum an den zur Bahn gewandten Gebäudefassaden erhebliche Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte.
Bisher durchgeführte Schallschutzmaßnahmen:
Entlang der Bahnlinie im Stadtgebiet wurden bisher verschiedene Schallschutzmaßnahmen durchgeführt:
a) Lärmsanierungen der Bahn in Kitzingen
Installation von Lärmschutzwänden in der Südstadt (ca. 550.000 €) und in Sickershausen (ca. 880.000 €)
Passiver Lärmschutz an
Wohngebäuden (ca. 105.000 €)
Planfeststellung 2007, Umsetzung 2008
b)
Lärmvorsorge
durch Stadt Kitzingen im Zuge des
Neubaus der Nordtangente BA I
Bau von Lärmschutzwänden 2011
(Aufwand ca. 1.600.000 €)
Passiver Lärmschutz (Fenster) an Wohngebäuden 2011
- 2014
nach Planfeststellungsverfahren
(Aufwand ca. 322.000 €)
Für die beiden Verfahren gelten unterschiedliche Immissionsgrenzwerte:
Lärmsanierung:
Tag Nacht
allgemeines Wohngebiet (WA) 70 dB(A) 60 dB(A)
Mischgebiet (MI) 72 dB(A) 62 dB(A)
Lärmvorsorge:
Tag Nacht
allgemeines Wohngebiet (WA) 59 dB(A) 49 dB(A)
Mischgebiet (MI) 64 dB(A) 54 dB(A)
Grundlage sowohl für die Lärmsanierung als auch für die Lärmvorsorge sind Berechnungen von Geräuschimmissionen.
Nachfolgend werden die Ergebnisse der durchgeführten Messungen mit den jeweiligen Ansätzen in den Berechnungen verglichen:
Vergleich der Messergebnisse mit den Ansätzen in den Berechnungen:
Lärmvorsorge (Nordtangente BA I)
MP 3 Hindenburgring 1c, 1.OG
(MI)
Tag Nacht
Beurteilungspegel in Lärmschutzberechnung 72 dB(A) 71 dB(A)
Messergebnisse 1) 69,5 dB(A) 70,1 dB(A)
MP 4 Richard-Wagner-Straße 18,
2.OG (WA)
Tag Nacht
Beurteilungspegel in Lärmschutzberechnung 66 dB(A) 65 dB(A)
Messergebnisse 1) 67,4 dB(A) 67,6 dB(A)
Hinweis: Standort des Messeinrichtung ca. 8 m näher am Bahngleis!
Lärmsanierung (Bahn)
MP 1 Paul-Rücklein-Straße 7 (WA)
Tag Nacht
Beurteilungspegel 60 dB(A) 62 dB(A)
Messergebnisse 1) 54,0 dB(A) 55,6 dB(A)
Gewährung von passiven Lärmschutzmaßnahmen (Überschreitung nachts)
MP 2 Friedenstraße 3a (MI)
Tag Nacht
Beurteilungspegel 61 dB(A) 63 dB(A)
Messergebnisse 1) 65,4 dB(A) 65,7 dB(A)
1) Mittelwert aus allen Wochentagen
Die Berechnungen für die Lärmsanierung basieren auf den Verkehrszahlen 2010 Prognose;
in den Ansätzen ist ein Schienenbonus von 5dB(A) berücksichtigt!
Fazit:
Die Ergebnisse der nun durchgeführten Lärmmessungen zeigen, dass die den jeweiligen Berechnungen (für Lärmvorsorge und Lärmsanierung) zugrunde liegenden Beurteilungspegel nicht oder nur gering (bei MP 4, hier jedoch Messpunkt 8 m näher am Bahngleis) überschritten werden.
In manchen Fällen (Lärmvorsorge und Lärmsanierung) haben Berechtigte auf den Einbau von Lärmschutzfenstern (passiver Lärmschutz) verzichtet.
Im Zuge des Baus der Nordtangente BA I (Lärmvorsorge) wurde in einigen Fällen auch eine Entschädigung für die Verlärmung des Außenwohnbereiches gewährt.
Stellungnahme Deutsche Bahn AG
Das Ergebnis der Lärmmessungen wurde im November 2014 an die DB ProjektBau GmbH übermittelt mit der Bitte, durch geeignete Maßnahmen eine Verbesserung der Lärmsituation herbeizuführen.
In dem Antwortschreiben vom 05.12.2015 geht die DB ProjektBau GmbH ausführlich auf die rechtlichen Grundlagen ein.
Siehe Anlage Schreiben der DB ProjektBau GmbH vom 05.12.2015
Zusammenfassung
Die Lärmmessungen haben gezeigt, dass die Grenzwerte der 16. BimSchV zum Teil erheblich überschritten werden.
Grundlage für mögliche Schutzmaßnahmen sind jedoch stets Lärmberechnungen.
Die Messergebnisse haben bestätigt, dass die den jeweiligen Berechnungen (für Lärmvorsorge und Lärmsanierung) zugrunde liegenden Beurteilungspegel nicht oder nur gering (bei MP 4, hier jedoch Messpunkt 8 m näher am Bahngleis) überschritten werden.
Es wird festgestellt, dass sowohl die Deutsche Bahn AG (im Rahmen der
Lärmsanierung) als auch die Stadt Kitzingen (im Rahmen der Lärmvorsorge bei
Nordtangente BA I) für aktiven und passiven Lärmschutz entlang der Bahnstrecke
gesorgt haben.
Für eine weitere Verbesserung der Situation fehlen die rechtlichen Voraussetzungen.
Weitere Verbesserungen oder Nachbesserungen in den Bereichen, in welchen schon aktive Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt wurden, sind bautechnisch nur schwer möglich. Kostenträger wäre in jedem Fall die Stadt Kitzingen; Fördermöglichkeiten sind hierfür derzeit nicht bekannt.
Passive Schutzmaßnahmen (Schallschutzfenster) sind in vielen Fällen vorhanden.
Aus Sicht der Verwaltung sollte das Augenmerk auf die Verringerung des Lärms an der Quelle gelegt werden.
Laut dem Koalitionsvertrag soll der Schienenlärm in Deutschland bis 2020 halbiert werden.
Dies soll hauptsächlich durch Umrüstung der Güterwagen auf lärmarme Bremsen (bis 2016 soll die Hälfte aller Waggons auf leise Bremsen umgerüstet sein) erfolgen.
Hierauf hat die Kommune jedoch wenig bis keinen Einfluss.
1. Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.