Betreff
Bebauungsplan Nr. 93 "Bürgerbräu-Areal" im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB; hier: Abwägung der Stellungnahmen und Satzungsbeschluss
Vorlage
2016/053
Aktenzeichen
6102/93/61.1
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

 

1.      Anlass der Planung

Mitten im Zentrum der Kitzinger Altstadt befindet sich die ehem. Brauerei „Bürgerbräu“, deren Betrieb 1998 eingestellt wurde. Seitdem konnte das Gelände keiner Nachnutzung zugeführt werden. Gelegentlich wurde das Grundstück in Teilen etwa zu Stadtfesten für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einzelne Gebäude bzw. Räume wurden zu Lagerzwecken zwischengenutzt.

Auf Initiative des Eigentümers wurde im Sommer 2012 eine Zusammenarbeit mit der TU München begonnen, bei der sich Architekturstudenten mit dem Gelände und seinen Potenzialen beschäftigten. In verschiedenen Projekten und Seminararbeiten wurden schließlich 9 Nutzungskonzepte erarbeitet, die für sich betrachtet noch nicht die nötige Umsetzungsreife aufwiesen.

In die darauffolgenden Entwicklungsschritte war maßgeblich das Stadtbauamt eingebunden. Rasch hat sich eine schwerpunktmäßige Wohnnutzung als oberstes Nachnutzungsziel herausgebildet. Das Quartier mit seiner hervorragenden Erschließungslage und entsprechendem Flächenpotenzial drängte sich mit jeder weiteren Vertiefung der Entwürfe stärker in diese Richtung auf.

Nachdem der Eigentümer das Interesse eines renommierten Wohnungsbauunternehmens wecken konnte, wurde das Projekt auf seine Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit hin geprüft. Weil beide Punkte positiv bewertet werden konnten, ist eine Investorengemeinschaft gegründet worden, die sich die Erarbeitung eines konkreten Plankonzepts zur Aufgabe gesetzt hat.

Auf Empfehlung des Stadtbauamts wurde zur Abarbeitung vielfältiger Belange die Aufstellung eines Bebauungsplans forciert, um nicht nur den Investoren Planungssicherheit zu gewährleisten, sondern auch die städtebauliche Ordnung in dem Innenstadtquartier wieder herzustellen und eine Wiederbelebung der Altstadt insbesondere mit qualitativ hochwertigem Wohnen zu erreichen.

Speziell zu diesem Thema hat die Stadt Kitzingen 2014/2015 auch eine Wohnungsmarktanalyse erstellen lassen, die für den Bereich der Innenstadt gerade diese Belebung als einen wesentlichen Kernaspekt herausstellte.

Daneben bietet der gesamte Planungsprozess auch die Chance einer intensiven Einbindung von Politik und Fachbehörden, insbesondere Denkmalschutz, sowie des Stadtheimatpflegers, um dem Projekt eine gute Qualität zu verschaffen und zu Akzeptanz bei allen Beteiligten zu führen. Zuletzt besteht auch für die Bevölkerung einschließlich der betroffenen Nachbarn im Rahmen des Bauleitplanverfahrens die Möglichkeit, sich durch Anregungen, Hinweise und Stellungnahmen bereits frühzeitig einzubringen.

 

2.      Ziele und Zwecke der Planung

Die Aufstellung des vorliegenden Bebauungsplans ist erforderlich, um eine planungsrechtliche Grundlage für das Vorhaben zu schaffen. Bislang war der Bereich nicht überplant, die vorhandene Bebauung ist im Laufe der Jahre und Jahrzehnte „gewachsen“. Dies führte zu einem Nebeneinander bzw. Mix aus Wohnen, Dienstleistung, Kleingewerbe und Handel. Um dem Gebiet nun im Zuge des geplanten Vorhabens eine neue Nutzung zu verleihen und sowohl die Interessen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung als auch der Bewohner im Umfeld zu berücksichtigen, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans geboten. Damit wird auch der grundsätzlichen Verpflichtung der Gemeinde nachgekommen, gem. § 1 Abs. 3 BauGB Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erfordert.

Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

Letzteres trifft im vorliegenden Fall besonders zu, indem hier eine ehemalige Gewerbebrache nunmehr in eine innerstädtische Wohnanlage umgewandelt wird. Damit wird zugleich dem Grundsatz des schonenden Umgangs mit Grund und Boden Rechnung getragen, indem dafür keine neuen Flächen im Außenbereich in Anspruch genommen werden müssen (§ 1a Abs. 2 BauGB).

Ziele des Bebauungsplans sind:

  • Wiedernutzbarmachung einer Gewerbebrache
  • Schaffung neuen Wohnraums in innerstädtischer Lage
  • Stabilisierung der Bevölkerungsstrukturen in der Altstadt
  • Neuordnung städtebaulicher Strukturen

Besondere Berücksichtigung finden dabei gem. § 1 Abs. 6 BauGB die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung mit Schaffung und Erhaltung stabiler Bevölkerungsstrukturen. Ebenso von gewichtiger Bedeutung sind die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege.

 

3.      Plangebiet – Lage, Größe

Das Plangebiet, bestehend einzig aus dem Flurstück Nr. 625, befindet sich im Zentrum der Kitzinger Altstadt. Es ist geprägt von geschlossener Bebauung, die nördlich und südlich an den Bestand unmittelbar angrenzt. Westlich verläuft die „Herrnstraße“ und östlich die „Obere Kirchgasse“, jeweils mit Zugangsmöglichkeiten zum Areal. Die Baustrukturen innerhalb des Geltungsbereichs entstammen der bisherigen Nutzung als Brauerei.

Die Größe des Geltungsbereichs beträgt ca. 3.930 qm. Lage und Umgriff des Plangebiets sind aus Anlage 4 ersichtlich.

 

4.      Beschleunigtes Verfahren gem. § 13a BauGB

Die Anwendungsvoraussetzungen für das beschleunigte Verfahren nach § 13 a BauGB liegen vor, weil der Bebauungsplan für die Wiedernutzbachmachung von Flächen dient und weniger als 20.000 m² anrechenbare Grundfläche festgesetzt werden (einschließlich der mitzurechnenden Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen).

Der Bebauungsplan wird ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt. Stattfindende Eingriffe in Grund und Boden gelten bereits als ausgeglichen, da es sich bereits um eine vollständig überbaute Fläche handelt.

 

5.      Verfahrensstand

(1)       Der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 93 „Bürgerbräu-Areal“ im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB wurde am 24.09.2015 in öffentlicher Sitzung vom Verwaltungs- und Bauausschuss gefasst.

(2)       Der Planentwurf wurde am 10.12.2015 im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Verwaltungs- und Bauausschusses gebilligt.

(1)       Der gebilligte Planentwurf wurde nach § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit vom 21.12.2015 bis einschließlich 29.0.2016 öffentlich ausgelegt. Die betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 15.12.2015 nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 13 BauGB sowie § 4 Abs. 2 BauGB beteiligt und von der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 3 BauGB in Verbindung mit § 4a Abs. 2 BauGB benachrichtigt.

 

6.      Stellungnahmen der Fachbehörden, Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit

 

6.1 Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange

 

Freiwillige Feuerwehr Kitzingen (Ziff. A.7 in der Abwägungstabelle)

Die Freiwillige Feuerwehr (FFW) hat sich mit dem vorbeugenden Brandschutz zum Plangebiet befasst. Eine Rolle spielt dabei vor allem die Erreichbar des Geländes in der dicht bebauten Innenstadt im Brand- und Rettungsfall. Bei einem Ortstermin wurde auf Grund der Augenscheinnahme und Anfahrtprobe mit der Drehleiter die Feuerwehrzufahrt über die Herrnstraße festgelegt. Weitere Brandbekämpfungsmaßnahmen sind auch über die Klosterbauhofstraße bzw. Obere Kirchgasse möglich.

Des Weiteren wurden Hinweise bezgl. der Anforderungen an Aufstellflächen und sonstige Einsatzbelange der Feuerwehr gegeben.

Die Prüfung des Brandschutzes erfolgt mit Einbeziehung der FFW durch einen Fachgutachter im Rahmen des Bauantrags.

 

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Ziff. A.9)

Durch die Planung werden das Bodendenkmal „Innenstadt“ und einzelne Baudenkmäler berührt. Das LfD weist auf die Bedeutung der Denkmäler hin. Für die Bodeneingriffe – und damit in das Bodendenkmal – wird eine Erlaubnis erforderlich. Ebenso ist eine denkmalrechtliche Erlaubnis für die Teilabbrüche der Gebäude einzuholen. Beides wurde bereits parallel zum Verfahren vom Bauamt mit den Fachbehörden eng abgestimmt und die Zustimmung in Aussicht gestellt.

 

Höhere Naturschutzbehörde (Ziff. A.11)

Durch das Bauvorhaben sind artenschutzrechtliche Belange berührt. Die Behörde verweist unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde (Ziff. A.16) auf die Notwendigkeit einer artenschutzrechtlichen Erlaubnis, bevor mit dem Abbruch von Gebäuden begonnen werden darf.

 

Straßenverkehrsbehörde der Stadt Kitzingen (Ziff. A.15)

Die städtische Straßenverkehrsbehörde äußert sich in ihrer Stellungnahme insoweit, dass die Verkehrserschließung des Plangebiets gegeben ist. Zur Sicherstellung dauerhaft zugänglicher Zufahrten und Rettungswege sind außerhalb des Bauleitplanverfahrens straßenverkehrsrechtliche Anordnungen (Beschilderungen etc.) vorzunehmen.

 

Landratsamt Kitzingen – untere Naturschutzbehörde (Ziff. A.16)

Für das Vorhaben sind artenschutzrechtliche Belange gem. § 44 BNatSchG zu berücksichtigen gewesen. In Form einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) wurden diese durch ein Fachbüro abgearbeitet und Maßnahmen zur Umsetzung getroffen. Die Fachbehörde hat dies geprüft und die Maßnahmen bestätigt. Sie werden in die textlichen Festsetzungen zum Artenschutz aufgenommen. Ebenso erging dabei der Hinweis auf die notwendige artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung im Vorfeld des Beginns der Abbruchmaßnahmen.

 

6.2 Öffentlichkeit

Im Rahmen der Planauslegung zur Öffentlichkeitsbeteiligung wurden von drei Bürgern bzw. Anwohnern Stellungnahmen mit Hinweisen und Einwänden vorgebracht (Abschnitt B der Abwägungstabelle).

Im Wesentlichen wurden Bedenken hinsichtlich der Verkehrssituation in der Klosterbauhofstraße vorgebracht. Hauptpunkte waren die zu enge Durchfahrtsbreite, Halteverbote, befürchtete Gebäudeschäden und zu hohe Verkehrslärmbelastungen. Es wurde in einem Fall der Verzicht der Maßnahme angeregt. In einem anderen Fall sollten Alternativen geprüft werden.

Wie zuvor in den Abwägungsvorschlägen und Stellungnahmen zu den Belangen der Feuerwehr und der Straßenverkehrsbehörde dargestellt, ist das Gelände nur über die Herrnstraße und die Klosterbauhofstraße zu erschließen. Dabei ergeben sich Zwangspunkte, die größtenteils aber nicht im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens, sondern z.B. über verkehrsrechtliche Anordnungen zu lösen sind. Bezüglich der Verkehrslärmbelastungen wurde extra ein Fachgutachten beauftragt, um auch dieses Belang sachgerecht abwägen zu können. Auf das Gutachten wird hier verwiesen.

 

Anzumerken ist noch, dass parallel zur Öffentlichkeitsbeteiligung auch Gespräche zwischen den Eigentümern/Investoren und den betroffenen Nachbarn stattgefunden haben, um nachbarliche Konflikte im Vorfeld auszuräumen.

 

7.      Fazit und Empfehlung der Verwaltung

Aus Sicht der Verwaltung wird die geplante Entwicklung im Bereich des Bürgerbräu-Areals sehr begrüßt. Eine klare Zustimmung zeichnete sich hierzu bei der Fassung des Aufstellungsbeschlusses im Verwaltungs- und Bauausschuss am 24.09.2015 ab.

Zuvor hatte sich bereits der Stadtentwicklungsbeirat am 30.06.2015 positiv für das Projekt ausgesprochen.

Zur Schaffung der notwendigen Planungssicherheit und transparenten Prozessgestaltung wurde in enger Abstimmung mit dem Investor die Aufstellung des Bebauungsplans vorgeschlagen und durchgeführt.

Der Entwurf des Bebauungsplans berücksichtigt bereits den inzwischen vorliegenden Bauantrag.

Die Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange wurden zum Planentwurf beteiligt. Durchweg wurde dabei das Vorhaben begrüßt. Fachliche Belange waren insbesondere bei den Themen vorbeugender Brandschutz, Verkehrserschließung, Denkmalschutz und Natur-/Artenschutz berührt. Die vorgebrachten Stellungnahmen bedingten aber hier keine Planänderung oder führten zu einer Veränderung der Planungsgrundzüge, die gegebenen Hinweise wurden eingearbeitet.

Von Seiten der Öffentlichkeit wurden ebenfalls drei Stellungnahmen vorgebracht, die sich ausschließlich mit Verkehrsbelangen (Zufahrt, Immissionen) befassten. Auch diese Einwände konnten abgewogen werden, da sie größtenteils nicht Gegenstand eines Bauleitplanverfahrens sind und z.B. im Zuge verkehrsrechtlicher Anordnungen bewältigt werden müssen.

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, den Abwägungsvorschlägen zuzustimmen und den Bebauungsplan abschließend zur Satzung zu beschließen.

Mit Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses tritt der Bebauungsplan in Kraft.

 

 

  1. Die im Rahmen der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB vom 21.12.2015 bis einschließlich 29.01.2016 eingegangenen Anregungen der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange werden nach gerechter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander (nach § 1 Abs. 7 BauGB) entsprechend der beigefügten tabellarischen Abwägungsvorschläge (Anlage 1) beschlossen.
  2. Der beigefügte Planentwurf des Bebauungsplans Nr. 93 „Bürgerbräu-Areal“ mit zeichnerischem Teil, planungsrechtlichen Festsetzungen und örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan, jeweils in der Fassung vom 03.03.2016, sowie der Begründung in der Fassung vom 03.03.2016, der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) vom 08.02.2016 und der Bewertung der Schallimmissionen infolge der Tiefgaragennutzung vom 02.12.2015, wird nach § 10 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 74 LBO sowie § 4 GemO als Satzung beschlossen.