Betreff
Mobilfunk;
befristeter Ersatzstandort in der Herrnstraße
Vorlage
2016/100
Aktenzeichen
61.1
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

1. Ausgangslage

Der Mobilfunkanbieter Deutsche Telekom betreibt in der Kitzinger Altstadt am Standort Herrnstraße (Innenhof Bürgerbräu-Areal) eine Mobilfunksendeanlage für das D1-Netz.

Auf Grund eines Gerichtsurteils aus dem Jahr 2007 über die Rechtsgültigkeit der Bestimmungen in der Kitzinger Gestaltungssatzung für die Altstadt, welche u.a. die Errichtung von Parabol- und sonstigen Antennen regelt, mussten die deutlich sichtbaren Antennenlagen komplett auf dem Hauptgebäude Herrnstraße 11 zurückgebaut werden. Dies erfolgte am 29.06.2010. Der Betreiber errichtete in der Folge einen satzungskonformen Ersatzstandort im Innenhof des ehem. Bürgerbräu-Areals. Dort war die Sendanlage bislang unter dem Dach installiert. Mit dem nun unmittelbar bevorstehenden Abbruch von Gebäudeteilen im Bürgerbräu-Areal für die geplante Wohnanlage muss auch die dortige Antennenanlage zurückgebaut werden. Als neuer Ersatzstandort zur Versorgung der Altstadt hat der Betreiber den „alten Marktturm“ neben dem Kitzinger Rathaus in Blick (siehe auch Vorlage Nr. 2016/099). Für diesen Standort wird in Kürze ein entsprechender Bauantrag erwartet.

Bis zur Realisierung im alten Marktturm benötigt der Betreiber jedoch eine „Übergangslösung“, um seinen Kunden in der Altstadt überhaupt eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten.

Dazu sollen nun auf dem rückwärtigen Dach des Anwesens Herrnstraße 11 zwei schlanke, stabförmige Antennen errichtet werden, unter Nutzung der noch im Dachraum befindlichen Technik der früheren Sendeanlage (s. Anlagen 1 bzw. 2.1). Hierzu wurde am 05.04.2016 (Eingang Stadtbauamt) ein Antrag auf Befreiung von § 21 der Gestaltungssatzung für die Kitzinger Altstadt gestellt.

Der Arbeitskreis Mobilfunk hat sich in seiner Sitzung am 22.02.2016 mit diesem bereits vorangekündigten „Provisorium“ befasst und seine Empfehlung diesbezüglich ausgesprochen, welche der Betreiber in dem nun vorliegenden Antrag berücksichtigt hat (s. Ziff. 4).

 

2. Planungs- und baurechtliche Situation

Für das Grundstück Herrnstraße 11 gilt einerseits der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 93 „Bürgerbräu-Areal“, in Kraft getreten am 12.03.2016. Darin wurde das Gebiet als Mischgebiet gem. § 6 Baunutzungsverordnung eingestuft. Unter den ortsgestalterischen Festsetzungen wird im textlichen Teil auf die jeweils gültige Fassung der Gestaltungssatzung für die Altstadt verwiesen, in deren Umgriff sich dieser Bebauungsplan befindet.

Mobilfunksendeanlagen sind in Mischgebieten als gewerbliche Anlagen, die das Wohnen nicht erheblich stören, somit planungsrechtlich grundsätzlich zulässig.

Des Weiteren ist die Gestaltungssatzung hier als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit einer Mobilfunksendeanlage heranzuziehen. In § 8 „Antennenanlagen“ ist unter Absatz 1 geregelt, dass Parabolantennen, Mobilfunkanlagen und sonstige Anlagen so anzubringen sind, dass sie weder über den Dachfirst hinausragen, noch von öffentlicher Verkehrsfläche aus einsehbar sind. Die gilt ebenfalls für die Verdeckung bzw. Einhausung solcher Anlagen.

Weil die beantragte Sendeanlage diese Kriterien nicht erfüllt und es sich nur um eine vorübergehende, zeitlich befristete Lösung handelt, ist demnach eine Befreiung von der Satzung beantragt. Hierzu ist in § 21 „Ausnahmen und Befreiungen“, Abs. 1, geregelt:

Von den Vorschriften dieser Satzung können Befreiungen erteilt werden, wenn 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern, 2. städtebauliche Gründe die Abweichung von den Vorschriften verlangen oder 3. Das Festhalten an den Vorschriften dieser Satzung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte für den Bauherrn führen würde. Die Befreiung ist vom Antragsteller schriftlich zu begründen.

Begründet hat der Antragsteller die Notwendigkeit damit, dass ohne einen zentralen Standort ab 31.03.2016 in der Altstadt eine erhebliche Versorgungslücke für seine Kunden besteht. Dies stehe dem Wohl der Allgemeinheit entgegen und erfordere daher eine Befreiung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung. Das Festhalten an den Vorschriften würde zudem zu einer nicht beabsichtigten Härte führen, die für den Bauherren und die Telekom Umsatzverluste und massive Kundenbeschwerden zur Folge haben würde. Eine Unter-Dach-Lösung lässt sich ebenfalls nicht realisieren, da sich in den darunter liegenden Geschossen Räume zum dauerhaften Aufenthalt von Personen in solch geringen Abständen befinden, dass die Einhaltung von erforderlichen Sicherheitsabständen zu den Antennen nicht erfüllt werden kann.

Insofern kann der Begründung insbesondere in Bezug auf das Wohl der Allgemeinheit gefolgt werden. Zudem fällt die technische Ausführung der Antennen als schlanke Stabantennen in einer Weise aus, wie sie noch zahlreich vorhandenen, früheren TV-Empfangsantennen entspricht und somit städtebaulich keine negativen Erscheinungen auf das Ortsbild haben kann.

Ferner ist der Antennenmast gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Bayerische Bauordnung verfahrensfrei, da seine freie Höhe weniger als 10 m beträgt.

 

4. Befristung der Genehmigung

Wie oben dargestellt, handelt es sich bei den beiden Stabantennen nur um ein Provisorium in der Herrnstraße, bis der künftige Ersatzstandort im alten Marktturm realisiert ist. Hieran arbeitet der Mobilfunkbetreiber mit entsprechendem Nachdruck (vgl. auch Vorlage 2016/099).

In seiner Sitzung am 22.02.2016 hat sich der städtische Arbeitskreis Mobilfunk mit der Anfrage bzw. dem Antrag befasst hat und folgende Bedingungen an seine Zustimmung für das Provisorium geknüpft:

  • Die Deutsche Telekom sichert der Stadt Kitzingen fest zu, den Marktturm als künftigen Standort zu wählen,
  • die Ausnahme wird nach der Zusicherung befristet bis zu einem genau bezeichneten Datum erteilt (hier: 30.09.2016) und
  • mit Ablauf des genannten Datums ist der Betrieb der Anlage unverzüglich einzustellen und die Antennen sind zurückzubauen.

Diese Bedingungen hat der Antragsteller soweit berücksichtigt. Er erklärt sich nach Aussage in seinem Antragsschreiben vom 04.04.2016 mit der in Aussicht gestellten Befreiung von der Gestaltungssatzung bis zum 30.09.2016 einverstanden, sofern diese Befristung mit einer Verlängerungsoption für den Fall verbunden wird, dass der mit der Stadt Kitzingen bereits abgestimmte und das Provisorium ersetzende Mobilfunkstandort im alten Marktturm in der Marktstraße 32 nicht rechtzeitig bereit gestellt werden kann.

 

5. Resümee

Aus Sicht der Verwaltung kann die befristete Befreiung sowohl unter Berücksichtigung der Empfehlung des Arbeitskreises Mobilfunk als auch der Gründe für Notwendigkeit des Provisoriums (Verhindern einer massiven Versorgungslücke im D1-Netz der Dt. Telekom) ausgesprochen werden. Die Befreiung soll mit einer befristeten Genehmigung bis zum 30.09.2016 ausgesprochen werden.

Der Betreiber hat darauf hinzuwirken, dass eine zeitnahe Umsetzung des Ersatzstandorts im alten Marktturm realisiert wird und das Provisorium nach Fristlauf zurückgebaut werden kann.

 

1. Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

2. Der Verwaltungs- und Bauausschuss stimmt der Erteilung einer Befreiung nach § 21 Abs. 1 der Satzung über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen im Altstadtbereich der Kreisstadt Kitzingen (Gestaltungssatzung) für die zeitlich befristete Errichtung einer Mobilfunksendeanlage am Standort Herrnstraße 11 zu.

 

3. Die Befreiung wird befristet bis zum 30.09.2016 erteilt.