Betreff
Obdachlosenfürsorge in der Großen Kreisstadt;
hier: Konzept zur zukünftigen Handhabung
Vorlage
2016/262
Art
Sitzungsvorlage (Kenntnisnahme)

 

I.       Ausgangslage:

 

a)      Rechtslage

 

Die Große Kreisstadt Kitzingen ist Sicherheitsbehörde. Als solche ist sie in den Fällen der festgestellten unfreiwilligen Obdachlosigkeit verpflichtet, ausreichenden Wohnraum für ein notdürftiges Wohnen zur Verfügung zu stellen. Die Stadt wird insoweit im eigenen Wirkungskreis im Rahmen einer Pflichtaufgabe tätig, vgl. Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO. Die Aufgabe der Stadt erschöpft sich in der tatsächlichen Unterbringung der unfreiwillig Obdachlosen.

 

b)      Derzeitige Situation in Kitzingen

 

Zur Erfüllung dieser Aufgabe stehen bisher die Wohnblocks Egerländer Straße 22 – 26 und Tannenbergstraße 37 mit ca. 90 Wohneinheiten zur Verfügung. Diese werden aber nicht nur als klassische Obdachlosenunterkünfte genutzt, sondern ein Teil der Nutzungsverhältnisse beruht noch auf Mietverträgen aus den 1960iger Jahren. Darum hat sich auch der Begriff des „Notwohngebietes“ etabliert, der auf dieser Mischnutzung beruht.

 

Hinsichtlich der Nutzung als Obdachlosenunterkunft erfolgt die Vergabe und Nutzung wie folgt: Nach Feststellung der Obdachlosigkeit für die betroffene Person durch das Einwohnermeldeamt (EWO) erfolgt nach entsprechender Zuweisung die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses zivilrechtlich über einen Mietvertrag, den die Bau GmbH mit dem Betroffenen schließt. Die Bau GmbH ist gemäß dem Verwalter-vertrag zwischen der Bau GmbH und der Stadt Kitzingen vom 31.12.2001 / 14.04.2008 mit der Verwaltung aller städtischen Wohnungen beauftragt, wozu ausweislich des Verwaltervertrages auch die o. g. Wohnungen in der Egerländer Straße und Tannenbergstraße gehören. Für bauliche Mängel und Sanierungen ist wiederum die Stadt selbst, dort das beim SG 60 angesiedelte ZGM zuständig.

 

c)      Problemlage

 

In der letzten Zeit hat sich herausgestellt, dass die bisherige Bewirtschaftung und Mischnutzung der Obdachlosenunterkünfte im bisherigen Notwohngebiet und die Organisation der Obdachlosenfürsorge in Kitzingen insgesamt den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Es stehen teilweise nicht ausreichende bzw. nicht bezugsfertige Unterkünfte zur Verfügung. Außerdem bestehen in den Gebäuden z. T. sehr alte und andauernde Nutzungsverhältnisse, die nicht ohne weiteres beendet werden können. Hinzu kommt eine problematische soziale Gemengelage vor Ort.  In der letzten Zeit hat sich verstärkt das Problem ergeben, dass eine zwangsweise zivilrechtliche Beendigung der Nutzungsverhältnisse aufwändig und zeitintensiv ist.

 

II.      Konzept zur zukünftigen Obdachlosenfürsorge

 

1.      Aufgrund dieser Problemlagen erscheint es erforderlich, sich mit dem Thema der Obdachlosenfürsorge konzeptionell und grundsätzlich zu befassen.

Seitens SG 30 / 33 (EWO) wurde ein erstes grundsätzliches Konzept erarbeitet, das folgende Themen berücksichtigt:

 

a)        öffentlich-rechtliche Nutzungsform

b)        Änderung der Organisation / neue Zuständigkeiten

c)        Standort / bauliche Situation

d)        soziale Betreuung vor Ort

 

Dieses Konzept mit Stand 09.09.2016 wird als Anlage 1 beigefügt.

 

Innerhalb der Verwaltung wurde unter Einbeziehung des Arbeitskreises Soziale Stadt seit September 2016 dieses Konzept weiter verfeinert in gemeinsamen Gesprächsrunden. Dazu wird als Anlage 2 der Vermerk über das Gespräch am 26.10.2016 übergeben und als Anlage 3 der Vermerk zur verwaltungsinternen Besprechung am 08.11.2016.

 

2.      Demnach ist der Stand der Dinge derzeit wie folgt:

 

a)    Es soll die öffentlich rechtliche Nutzungsform eingeführt werden. Erforderlich sind:

·         ein entsprechender Stadtratsbeschluss

·         Erlass einer Benutzungssatzung für die Obdachlosenunterkünfte und

·         Erlass einer Gebührensatzung. Diese hat sich auf eine Gebührenkalkulation zu beziehen, die den Gebührensatz nachvollziehbar macht.

·         Zuweisung erfolgt nur noch über einen Einweisungsbescheid (= Verwaltungsakt), der die Bedingungen der Nutzung (Befristung, Auflagen usw.) und auch die Gebühr festlegt. Das Nutzungsverhältnis unterliegt dann dem öffentlichen Recht, die sich daraus ergebenden Mittel des Verwaltungszwangs stehen dann zur Verfügung.

 

b)    Aus Sicht der Verwaltung sollte zukünftig die Obdachlosenfürsorge insgesamt bei der Stadt liegen. Dies bedeutet für die Verwaltungsstruktur Folgendes:

 

·         Das EWO ist zuständige Stelle für den Erstkontakt mit der obdachlosen Person. Es prüft den Sachverhalt und erstellt bei tatsächlicher unfreiwilliger Obdachlosigkeit einen Zuweisungsbescheid. Die Verwaltung des Nutzungsverhältnisses einschließlich dessen Beendigung bleibt beim EWO einschließlich des Einzugs der Nutzungsgebühr. Es wird zunächst versucht, diese zusätzlichen Aufgaben ohne Personalmehrung zu bewältigen.

·         Das ZGM ist zuständig für die bauliche Situation der Obdachlosenwohnungen, den Überblick über die freien Wohneinheiten, die Überprüfungen der Wohnverhältnisse vor Ort, alle Hausmeistertätigkeiten und eine ggf. bauliche Instandsetzung nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses. Das ZGM muss dann selbst über eine einsatzkräftige Hausmeisterriege verfügen, die nur für die Wohnungen zur Verfügung steht. Dies bedeutet eine Stellenmehrung beim ZGM um eine Vollzeitstelle oder 2 Halbzeitkräfte.

·         Der Verwaltervertrag mit der Bau GmbH wird abgeändert hinsichtlich der Verwaltung der Obdachlosenunterkünfte. Mit dieser ist die Bau GmbH dann nicht mehr beauftragt, nur noch mit den übrigen städtischen Wohnungen. Sofern einige der derzeit als Obdachlosenunterkünfte genutzten Wohnungen in Zukunft nur noch für die sozialen Mietverhältnisse dienen (s. u., z. B. Tannenbergstraße 37), ist weiterhin die Bau GmbH zuständiger Verwalter. 

 

c)    Standort und bauliche Situation:

 

·         Der bisherige Standort für die Obdachlosenfürsorge soll grundsätzlich beibehalten werden.

·         Eine weitere Mischnutzung der Blocks in der Egerländer Straße 22, 24, 26 und Tannenbergstraße 37 für soziale Mietverhältnisse und Obdachlosenunterbringung soll es nicht mehr geben.

·         Unter der Annahme einer tatsächlichen klassischen Obdachlosenfürsorge werden nur ca. 40 Wohneinheiten unterschiedlichster Größe benötigt werden. Diese können in 2 Blocks eingerichtet werden.

·         Tannbergstraße 37 soll nicht mehr für die Obdachlosenfürsorge zur Verfügung stehen, sondern dort sollen nach grundhafter Sanierung soziale Mietverhältnisse entstehen.

·         Egerländer Straße 22 und 26 sollen zukünftig die Gebäude für die Obdachlosenfürsorge sein und grundhaft saniert werden. Da dies im Bestand nicht möglich ist, sollen Übergangslösungen mit Wohncontainern gefunden werden. Egerländer Straße 24 soll mittelfristig abgerissen werden.

·         Einrichtung eines sozialverträglichen Umzugsmanagements, ggf. extern

·         Standard der Obdachlosenunterkünfte soll in Zukunft warmes Wasser und Toilette in jeder Wohneinheit beinhalten, Duschen mindestens etagenweise.

·         Städtebauliche Aufwertung des gesamten Bereiches (siehe IHK-Fortschreibung)

 

d)    Soziale Begleitung bedürftiger Personen vor Ort

·         Grundsätzlich Aufgabe des Trägers der Sozialhilfe

·         Ggf. Ausbau des derzeitigen Modells einer „Anlauf- und Kontaktstelle für Bewohnerinnen und Bewohner des Notwohngebietes „Egerländer Straße“ in Kitzingen (derzeit besetzt mit Frau Schanz) über den Verein St. Vinzenz

·         Ggf. eigenes finanzielles Engagement der Stadt, um eine erforderliche soziale Betreuung - auch und gerade der Einzelfälle vor Ort - leisten zu können (keine Zuständigkeit der Stadt für diesen Bereich, rein freiwilliges Engagement). Ggf. Einbindung anderer Träger der freien Wohlfahrtspflege, so z. B. AWO, Caritas, Rotes Kreuz

 

III.    Weitere Vorgehensweise

 

  1. Diskussion im Stadtrat
  2. Vertiefung des Konzeptes in der Verwaltung: Besprechungstermin im Januar 2017
  3. Stadtratssitzung (eventuell Sondersitzung) im Februar, ggf. mit ersten Beschlussfassungen zur organisatorischen Umwandlung und Standort
  4. Vertiefung der sich daraus ergebenden Themen: Stellenmehrung, Haushalt, weitere Beschlussfassungen
  5. Begleitend: Prüfungen und Planungen Bauamt zur baulichen Situation, grundhaften Sanierungen oder Neubau; Zwischenlösungen Container und dgl.

 

Von dem Konzept der Verwaltung zum zukünftigen Umgang mit der Obdachlosenfürsorge in der Großen Kreisstadt Kitzingen wird Kenntnis genommen.