Betreff
Stiftung unser Kitzingen; hier: Grundsatzbeschluss zur Errichtung einer Bürgerstiftung
Vorlage
2022/141
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

1.      Vorbemerkung

 

            „Eine Stiftung für Kitzingen – macht das Sinn? “ wird sich manche Bürgerin, mancher Bürger fragen.

 

            Die Mitglieder des Stadtrates wissen, dass es bereits eine „Stiftung für Alten- und Pflegehilfe Kitzingen“ gibt, über die jährlich bei den Haushalts-Beratungen Beschluss gefasst wird und die – leider – ihren Stiftungszweck nicht mehr erfüllen kann. Sie ist hervorgegangen aus der ursprünglichen „Pfründehospitalstiftung“.

 

            Ein Blick in die Präambel der (heutigen) Stiftungssatzung aber bringt ebenso erstaunliche wie beeindruckende Fakten ans Licht:

 

-               Die Stiftungsurkunde stammt aus dem Jahr 1344 und geht zurück auf die Gebrüder Teufel aus WÜ sowie die Schwestern des Benediktinerklosters in Kitzingen.

 

-               Die Stiftung hatte ursprünglich den Zweck, bedürftigen Personen Wohnung und Verpflegung zu gewähren (innere Pfründen).

 

-               Sie konnte durch ihr erhebliches Vermögen über Jahrhunderte hindurch in reichem Maße ihren Zweck erfüllen, bis sie im Jahr 1924 durch die Inflation den größten Teil ihres Kapitalvermögens verlor.

 

-               Durch die Währungsreform 1948 verlor die Stiftung weitere 90 % des verbliebenen Kapitalvermögens, aber bis zu dieser Zeit, also mehr als 600 Jahre hatte sie hinreichend im Sinne der Stifter gewirkt!

 

-               Ab diesem Zeitpunkt musste die Stiftung ihr sogenanntes „Spital“ als gewöhnliches Alten- und Pflegeheim führen und von den aufgenommenen Personen ein monatliches Benutzungsentgelt erheben. Die Ordensschwestern wurden 1979 von ihrem Mutterhaus abgezogen.

 

-               Dennoch wurde das Spital bis zur Inbetriebnahme eines neuen Alten- und Pflegeheimes in der Kapuzinerstraße 1983 weitergeführt und anschließend an den Landkreis Kitzingen zur Erweiterung des Landratsamtes veräußert.

 

            Nachdem die Stiftung ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllen konnte, wurde ihr vom Stadtrat im Jahr 1988 gem. Art. 8 und 35 des Stiftungsgesetzes eine neue Satzung gegeben. Stiftungszweck ist heute die „Förderung des Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth in der Kapuzinerstraße durch Darlehen und Zuschüsse“.

 

            Das (unantastbare) Grundstockvermögen der Stiftung beträgt Stand 31.12.21 noch immer 924.839,11 €.

            Die verfügbare Mittelverwendungs-Rücklage betrug am 31.12.21 29.005,20 €, die aufgrund eines SR-Beschlusses und auf Antrag von St. Elisabeth in 2 Auszahlungen für aktuelle Bedarfe des Heimes in 2022 und 2023 ausgezahlt werden.

 

            Grundsätzlich aber, Spender vorausgesetzt, könnte die Stiftung ihren Stiftungszweck noch immer erfüllen. Angesichts der aktuellen Zinssituation sind Erträge aus dem Grundstockvermögen selbst sehr gering.

 

            Soweit ein Blick in die Historie der „Pfründehospitalstiftung“ bzw. der „Stiftung Alten- und Pflegehilfe Kitzingen“ von 1344 bis heute.

 

            Im Grunde war bereits die 1344 gegründete „Pfründehospitalstiftung“ nichts anderes als eine Bürgerstiftung, beschränkt auf den Stiftungszweck, bedürftigen BürgerInnen Wohnung und Verpflegung zu gewähren“.

 

            Sie hat 6 Jahrhunderte nachhaltig das Leben vieler BürgerInnen entscheidend positiv beeinflusst!

 

 

2.            Die Idee einer Bürgerstiftung „Stiftung unser Kitzingen“

 

            Bei der Klausurtagung des Stadtrates im November 2021(Thema: „Vision für Kitzingen“) wurde u.a. auch die Idee einer „Bürgerstiftung für Kitzingen“ geäußert.

 

            Angesichts des positiven Feedback der Teilnehmer zu dieser konkreten Maßnahme für eine „sozial gerechtere Stadt“ hat die Verwaltung geprüft, wie die Idee einer Bürgerstiftung zeitnah umgesetzt werden könnte.

 

            Im Zuge der Recherche zu Bürgerstiftungen stieß man auf die Stiftergemeinschaft der Sparkassen Mainfranken Würzburg.

 

            Mit der Gründung dieser Stiftergemeinschaft im Jahr 2015 wurde seitens der Sparkasse Mainfranken Würzburg Stiftern die Möglichkeit gegeben, eine individuelle Namensstiftung mit eigener Zweckbestimmung, eine Förderstiftung für einen Verein oder eine „Stiftung unser Ort“ für unterschiedliche Zwecke einer Kommune zu errichten.

 

            Derzeit sind bereits 55 sogenannte Unterstiftungen in der Sparkasse Mainfranken Würzburg vereint. Alle administrativen Arbeiten übernimmt die Sparkasse und die „Deutsche Stiftungstreuhand AG“ als Treuhänderin.

            Durch die gemeinsame Vermögensanlage der Stiftungsmittel und Verwaltung entstehen Synergieeffekte.

            Gleichzeitig behält jede einzelne Stiftung, in unserem Fall wäre dies die „Stiftung unser Kitzingen“ ihre volle Eigenständigkeit.

            Wie der Stiftungsberater der Sparkasse Mainfranken Würzburg betont, ist die Gründung einer rechtsfähigen bzw. selbständigen Stiftung eine sehr komplexe Angelegenheit. Wenn jedoch eine Kommune unter dem Dach der Stiftergemeinschaft eine sog. unselbständige Stiftung gründet, sind die formalen Voraussetzung deutlich erleichtert.

 

            Unter einer unselbständigen Stiftung versteht man die Übertragung von Vermögenswerten auf einen Stiftungstreuhänder per Geschäftsbesorgungsvertrag. Sie hat im juristischen Sinn keine eigene Rechtspersönlichkeit und bedarf keiner staatlichen Anerkennung. Für die dauerhafte Aufsicht und Kontrolle der Stiftungstreuhänderin sorgt das von der Sparkasse bestellte Kuratorium.

 

3.            Warum eine „Stiftung unser Kitzingen“ als kommunale Bürgerstiftung?

 

-               sie weckt und fördert das bürgerschaftliche Engagement in vielen gesellschaftlichen Bereichen

 

-               sie macht Bürgerinnen und Bürger zu Partnern ihrer Kommune bei der Gestaltung des sozialen und kulturellen Lebens

 

-               sie ist ein auf Dauer angelegter Finanzierungsweg und erschließt bürgerschaftlichem Engagement neue Handlungsspielräume

 

-               sie stellt ein aktives Angebot innerhalb Kitzingens dar, sich ehrenamtlich, aber auch finanziell durch Spenden, Zuwendungen zum Vermögen oder durch Vermächtnisse zu engagieren.

 

-               aktive Bürgerinnen und Bürger können in den Stiftungsrat eingebunden werden.

 

-               sie lohnt trotz der aktuell niedrigen (Zins-)Erträge, da sie sehr langfristig wirkt und anfänglich die Gewinnung von Spenden für die Projektrealisierung im Vordergrund steht. Langfristig erhöht sich das Vermögen und die Kapitalerträge steigen.

 

4.            Vorteile einer „Stiftung unser Kitzingen“ in der Stiftergemeinschaft der Sparkasse

 

-               Eine Stiftungserrichtung ist bereits mit 10.000 € möglich

 

-               Kein eigener Verwaltungsaufwand für die Kommune oder den Stiftungsrat

 

-               Alle gemeinnützigen und mildtätigen Zwecke können ohne Einschränkung im freiwilligen Aufgabenbereich verwirklicht werden. Pflichtaufgaben der Kommune werden nicht ersetzt

 

-               Back Office bei komplexeren stiftungsrechtlichen Fragestellungen durch Stiftungsverwalter (Sparkasse und Treuhänderin)

 

-               Gemeinsame Vermögensanlage senkt die anteiligen Kosten und erhöht die die Ertragschancen, auch für kleinere Stiftungen

 

-               Beratung durch die Sparkasse unter dem „Schutz“ des Bankgeheimnisses

 

-               Keine administrativen Aufgaben für den Stiftungsrat. Dieser kann sich vollständig auf die Zweckverwirklichung sowie die Gewinnung und Betreuung von Förderern der Bürgerstiftung konzentrieren.

 

 

5.            Wer bestimmt über den Stiftungszweck bei der „Stiftung unser Kitzingen“ und wie sollte dieser aussehen?

 

            Stadtrat als zuständiges Organ der Stadt Kitzingen. Dabei ist er völlig frei, den aus seiner Sicht besten Stiftungszweck festzulegen.

 

            Sowohl Herr Popp als Stiftungsberater der Sparkasse als auch Herr Weisner als empfehlen Stiftungsberater der Treuhänderin, empfehlen den Stiftungszweck möglichst breit, also für alle denkbaren gemeinnützigen Zwecke festzulegen.

 

            Dadurch ist es nahezu jedem potenziellen Spender/Zuwender möglich, die Stiftung auch in seinem Sinne zu unterstützen.

 

            Konkret wird vorgeschlagen, den Stiftungszweck wie folgt zu wählen:

 

„Die „Stiftung unser Kitzingen“ verwirklicht gemeinnützige und mildtätige Stiftungszwecke, soweit damit gemeindliche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises erfüllt werden, insbesondere

 

-               des öffentlichen Gesundheitswesens

-               der Kinder- und Jugendhilfe

-               der Altenhilfe

-               von Kunst und Kultur, insbesondere Musik und Museen

-               des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege

-               der Bildung, Ausbildung und Erziehung

-               Volks-und Berufsbildung

-               des Naturschutzes, des Klimaschutzes und der Landschaftspflege

-               des Wohlfahrtswesens

-               der Rettung aus Lebensgefahr

-               des Feuerschutzes

-               des Sports

-               der Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung

-               mildtätige Zwecke, insbesondere Hilfe in Notlagen

-               Hilfe für Behinderte sowie

-               des bürgerschaftlichen Engagements zu Gunsten gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke“

 

6.         Ablauf der Gründung einer „Stiftung unser Kitzingen“ in der Stiftergemeinschaft der Sparkasse.

 

            Wenn der Stadtrat in seiner Sitzung am 28.7.22 den Grundsatzbeschluss zur Errichtung und die weiteren in dieser Vorlage genannten Beschlüsse gefasst hat, sieht der weitere Weg zur Stiftungsgründung wie folgt aus:

 

-               Beschluss über die vom Stiftungstreuhänder gefertigte Errichtungsurkunde (geplant am 17.11.22)

 

-               Sie enthält den Gründungsbetrag, die Stiftungszwecke, die Gremien und deren Besetzung sowie die Möglichkeiten für Zuwendungen zum Vermögen und Spenden.

 

-               Unterzeichnung der Errichtungsurkunde und Einzahlung des Gründungsbetrages

 

-               Abstimmung des Werbeflyers mit dem Stiftungstreuhänder (Grußworte, Bilder, Text)

 

            Die Stiftungsberater der Sparkasse sowie der Treuhänderin würden am 17.11.22 in der Stadtratssitzung anwesend sein und für Fragen zur Verfügung stehen.

 

7.            Der Stiftungsrat

 

            Wie oben bereits dargestellt, übernehmen die Partner (Sparkasse und Deutsche Stiftungstreuhand) die klassischen Verwaltungsaufgaben, so dass hierdurch nahezu keine Arbeitszeit bei der Stadtverwaltung gebunden wird.

 

            Innerhalb der Stiftung übernimmt der mit bis zu sieben Personen besetzte Stiftungsrat die „eigentliche Arbeit“, also insbesondere

 

-               die Entscheidung über die zeitnahe Verwendung der eingehenden Spenden und Erträge

-               die Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung

-               das Fundraising und die Pflege der Fördererbeziehungen

-               die Information über geförderte Projekte (an den Stadtrat und die Treuhänderin)

 

            Das gewählte Stadtoberhaupt ist qua Amt ständiges Mitglied des Stiftungsrates und zugleich Vorsitzende/r.

 

            Die weiteren Mitglieder des Stiftungsrates werden für die Dauer der Wahlperiode des Stadtrates bestellt. Dies können Vertreter der Bürgerschaft aber auch Mitglieder des Rates sein. Es wird (von Seiten der Sparkasse) empfohlen, nach Möglichkeit BürgerInnen einzubinden, die nicht dem Stadtrat angehören.

 

            In jedem Falle sollten die Stiftungsratsmitglieder unabhängig und überparteilich handeln.

 

8.         Finanzielles

 

8.1      Einmalige Vergütungen (bei Zuwendungen zur Erhöhung des Vermö-

  gens sowie letztwilligen zuwendungen)

 

 Einrichtung- und Verwaltungskostenpauschale

 (Deutsche Stiftungstreuhand AG)                                                 0,54 %

 

 Laufende Marketing- und Beratungsunterstützung im Jahr

 Der jeweiligen Zuwendung:

Sparkasse Mainfranken WÜ                                                          2,00 %

 

 Deutsche Stiftungstreuhand                                                        0,50 %

 

 Summe Netto:                                                                             3,04 %

 Zzgl. MWSt                                                                                  0,58 %

 

 Gesamtvergütung                                                                     3,62 %

 

bezogen auf den durch den Gründungsstifter oder Dritte jeweils einge-

brachten Zuwendungsbetrag zur Erhöhung des Vermögens.

 

Im Jahr der Zuwendung fallen für die Zuwendungen zur Erhöhung des

Vermögens keine lfd. Verwaltungskosten nach 8.2. an.

 

 

8.2      Vergütung für die zu erbringenden lfd. Aufgaben

 

            Für die Folgejahre vereinbaren die Parteien eine angemessene jährliche Vergütung für die von der Stiftungstreuhänderin zu erbringenden laufenden Aufgaben (z. B Buchhaltung, EDV-Erfassung der Daten von Zuwendenden, Jahresabschluss der Stiftergemeinschaft, Ertragszurechnung, Geschäftsbericht, Back-Office, Durchführung und Überwachung des Zahlungsverkehrs, Abwicklung der Förderung, laufende Beobachtung der rechtlichen und steuerlichen Situation für Stiftungen etc.) in folgender Höhe:

 

            bis 500.000 € anteiligem Stiftungsvermögen          0,50 % zzgl. MWSt

 

            für das 500.000 € übersteigende Stiftungsvermögen

 

            bis 1.000.000 € Stiftungsvermögen                         0,40 % zzgl. MWSt

 

            für das 1.000.000 € übersteigende Stiftungsvermögen 0,30 % zzgl. MWSt

 

            Im Übrigen wird auf § 13 der Errichtungsurkunde (Anlage) verwiesen.

 

 

8.3      Städtisches Dotationskapital

 

            Über den Betrag, den die Stadt Kitzingen als Gründungsstifterin zur Beginn einbringt, entscheidet der Stadtrat in der Sitzung am 17.11.22.

 

            Der Mindestbetrag zur Errichtung einer „Stiftung unser Kitzingen“ beträgt 10.000 €.

 

 

8.4      Steuerliche Förderung

 

            Innerhalb bestimmter Höchstbeträge können die Zuwendungen zu 100 % als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden.

 

            Die Zuwendung in das Stiftungsvermögen ist von der Erbschafts-und Schenkungssteuer befreit, da die Stiftung nach ihrer Satzung ausschließlich steuerbegünstigten Zwecken dient.

 

    8.5 Sonstiges

 

            Experten rechnen damit, dass in den Jahren 2015 – 2024 mehr als 3 Billionen € in Deutschland vererbt werden.

 

            Stiften ist im Trend - immer mehr Menschen möchten mit ihrem Vermögen bürgerschaftliche Verantwortung übernehmen und/oder aufgrund des erworbenen Wohlstandes etwas „zurückgeben“.

            Manche Banken haben sich auf diese Entwicklung eingestellt, die Sparkasse sieht darüber hinaus auch ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag als Motivation

 

            Sie möchte zudem als heimischer Finanzdienstleister die gesellschaftlichen Herausforderungen und insbesondere als „natürlicher Partner“ für die Kommunen aktiv mitgestalten.

1.    Vom Sachvortrag 2022/141 wird Kenntnis genommen

 

2.    Es besteht grundsätzliches Einverständnis, eine Bürgerstiftung (z. Bsp. unter dem Dach der Stiftungsgemeinschaft der Sparkasse Mainfranken Würzburg) zu errichten.

 

3.    Es besteht Einverständnis mit dem unter Ziffer 5 des Sachvortrags dargestellten Stiftungszweck.

 

4.       Die Verwaltung wird beauftragt, für die endgültige Beschlussfassung durch den Stadtrat alle formalen Voraussetzungen zur Errichtung einer „Stiftung unser Kitzingen“ zu schaffen.