Betreff
BGV-Nr. 110/2012 - Innopark Kitzingen GmbH: Nutzungsänderung (Wohnung) in Gebäude Nr. 27, hier: Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes
Vorlage
268/2012
Aktenzeichen
BGV-Nr. 110/2012
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

1. Sachverhalt

Mit Bauantrag vom 18.06.2012 (Eingang Bauamt: 21.06.2012) beantragt die Innopark Kitzingen GmbH eine Nutzungsänderung in Gebäude Nr. 27 des Innoparks. Dort sollen ein Künstleratelier mit Wohneinheit, eine psychologische Praxis und eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren untergebracht werden.

Für die Wohneinheit im Atelier des Künstlers hat die Innopark GmbH eine Befreiung von den Festsetzungen beantragt.

 

 

2. Planungsrechtliche Ausgangslage

Auf Antrag der Innopark Kitzingen GmbH wurde für das Gebiet der ehemaligen Larson Barracks zur Schaffung des erforderlichen Planungsrechts der Bebauungsplan Nr. 103 „Gewerbegebiet Innopark Kitzingen“ aufgestellt. Dieser Bebauungsplan erlangte nach Satzungsbeschluss durch den Stadtrat und anschließender Genehmigung durch die Regierung von Unterfranken am 12.05.2012 seine Rechtskraft.

Die Anerkennung der Festsetzungen durch den Eigentümer erfolgte zuvor schon mit Schreiben vom 22.07.2011, nachdem die sogenannte „Planreife“ gemäß § 33 BauGB vorlag.

 

Für den Bereich des Gebäudes Nr. 27 ist ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe 2) im Bebauungsplan festgesetzt. Die Einschränkung betrifft hier die zulässigen Lärmimmissionskontingente für das Gebiet.

Die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen im Gewerbegebiet (für Bereitschaftspersonal, Betriebsinhaber) wurden für sämtliche Gewerbegebietsflächen auf ausdrücklichen Wunsch des Investors vollständig ausgeschlossen (Ziff. 1.2 der Festsetzungen, dort S. 6).

 

 

3.  Planungsrechtliche Bewertung

Mit Erlangung der Rechtskraft des Bebauungsplanes wurde dieser für jedermann verbindlich, er besitzt Rechtsnormcharakter. Die im Plan getroffenen Festsetzungen sind allein auf die Vorgaben des Investors auf Grund seiner Vorstellung zur künftigen Gebietsnutzung zurückzuführen. Mit der Erstellung des Bebauungsplanes hat er ein Planungsbüro beauftragt. Der Satzungsbeschluss erfolgte durch den Stadtrat in seiner Sitzung am 29.09.2011.

 

a) Ausnahmen

Gemäß § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplanes solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

Dies ist hier im Hinblick auf mögliche „Betriebsinhaberwohnungen“ nicht der Fall, da die mögliche „Ausnahme“, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO besteht, ausgeschlossen wurde.

 

b) Befreiungen

Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1)   Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder

2)   die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3)   die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde

und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

Unter Hinzuziehung der zum Bebauungsplan erstellten Begründung (dort Ziff. 8.2 auf S. 8) wird deutlich, weshalb eine Wohnnutzung in den gewerblichen Flächen hier ausgeschlossen wurde:

Zum einen, weil in Teilflächen sanierungsbedürftige Altlastenverdachte bestehen, die Auswirkungen auf den Wirkpfad Boden-Mensch haben und daher eine Wohnnutzung bereits ausschließen. Zum anderen, weil in unmittelbarer Gebietsnähe (Oberbäumle) bzw. sogar im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ein allgemeines Wohngebiet existiert und somit ausreichend Kapazitäten für Wohnungen von Betriebsinhabern, Angehörigen usw. gegeben sind.

 

Die beantragte Befreiung wird nicht durch das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Sie wäre auch an dieser Stelle städtebaulich nicht vertretbar, da der Bebauungsplan eine klare Gliederung der einzelnen Nutzungen (Gewerbe, Wohnen, Sondergebiete, Grünflächen usw.) enthält. Da entsprechend auch Alternativen für die Unterbringung einer Wohnung innerhalb und angrenzend an das gebiet bestehen, stellt die Durchführung des Bebauungsplanes auch keine unzumutbare Härte für den Antragsteller dar.

 

Die Grundzüge der Planung, dass die Gewerbeflächen auch nur zweckentsprechend genutzt werden dürfen, werden im Bebauungsplan klar dargestellt. Denn Gewerbe- und Industriegebiete dienen grundsätzlich nicht dem Wohnen, sondern sind verschiedenen emitierenden (und damit das Wohnen störenden) Nutzungen vorbehalten. Insofern ist hier auch keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 S. 1 BauGB (Grundzüge der Planung) möglich.

 

c) Betriebsinhaberwohnungen

Künstler zählen zu den sogenannten „Freiberuflern“ nach § 13 BauNVO. Damit sind sie in den Gebieten nach §§ 2-9 BauNVO zulässig. Planungsrechtlich werden Künstler durch die Rechtsprechung jedoch nicht als Gewerbetreibende eingestuft, weshalb die im vorliegenden Fall geplante Wohnung auch nicht als Betriebsinhaberwohnung gilt. Dies wäre damit eine „allgemeine Wohnung“, welche in Gewerbe- oder auch Industriegebieten grundsätzlich nicht zulässig ist.

Es können auch keine Gründe vom Antragsteller dargelegt werden, dass für einen Künstler das Erfordernis besteht, hier innerhalb  oder in der Nähe seines Ateliers wohnen zu müssen, wie dies ggf. bei Gewerbebetrieben zur Überwachung von Maschinen, Produktionsabläufen usw. nötig sein kann.

 

 

4.  Fazit

Die Befreiung für eine allgemeine Wohnnutzung in einem Gewerbegebiet ist planungsrechtlich grundsätzlich nicht möglich.

Eine Genehmigung kann nur durch eine Änderung des Bebauungsplanes in Aussicht gestellt werden.

 

Im Vorfeld zu dieser Beschlussfassung wurde dem Investor seitens der Verwaltung nahe gelegt, den Bebauungsplan zu ändern, sofern sich abzeichnet, dass sich die beabsichtigte Entwicklung des Gebietsteils im Sinne einer Wohnnutzung ändert. Der Investor hat aber auf der Behandlung im Verwaltungs- und Bauausschuss bestanden.

 

 

 

 

1.      Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

2.      Der Verwaltungs- und Bauausschuss stimmt der Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 103 für eine Wohnung in Gebäude Nr. 27 (Gewerbegebiet Ge 2) auf Grund fehlender planungsrechtlicher Voraussetzungen nicht zu.