Betreff
Harvey Barracks: Beschluss zum Ausschreibungsvorhaben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
Vorlage
144/2011
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

 

Die BImA beabsichtigt, die Harvey Barracks inklusive Flugplatzgelände im zweiten Quartal 2011 auszuschreiben.

Aus Sicht von Verwaltung und beauftragtem Stadtentwicklungs- und Konversionsmanagement (LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH) sind folgende Handlungsfelder bei einer Ausschreibung und besonders bei einer anschließenden Nutzung dringend zu berücksichtigen:

 

1. Grundsätzliches

Eine Nachnutzung der Harvey Barracks impliziert ein sehr hohes, finanziell noch nicht einschätzbares Entwicklungsrisiko. Besonders die Altlasten-, Kampfmittel- und Erschließungsthematiken sind bislang ungeklärt und führen derzeit nicht zur Nutzungsgenehmigung.

Grundsätzlich ist eine Entwicklung des Konversionsareals wünschenswert, zumal sie auch einen besonderen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts Kitzingen beitragen würde. Derzeit liegen keine Bau- und Nutzungsgenehmigungen vor oder können kurzfristig aufgrund der massiven Altlasten- und Kampfmittelproblematik sowie der noch zu lösende Umgang mit der Infrastruktur in Aussicht gestellt werden – ein Aufstellungsbeschluss für ein B-Plan-Verfahren ist nach derzeitigem Stand nicht möglich.

 

2. Kampfmittel:

Nach der historisch-genetischen Untersuchung ist der Gefährdungsgrad als hoch im Hinblick auf die Zielnutzung Gewerbe einzuschätzen und mit kurz- bis mittelfristigem Handlungsbedarf versehen.  Die mit dem notwendigen Räumkonzept verbundenen Kosten sind bislang nicht abschätzbar. Um eine Bau- und Nutzungsgenehmigung auszustellen ist die Kampfmittelfreiheit im B-Plan-Verfahren herzustellen.

 

3. Altlasten:

Die orientierenden technischen Untersuchungen sind zum Teil abgeschlossen,  weitere Detailuntersuchungen beauftragt. Auch hier ist die Gefährdungseinschätzung hoch, verbunden mit einem hohen Sanierungs- und dem entsprechenden Kostenaufwand. Detailuntersuchungen sind für B-Plan-Verfahren erforderlich.

 

4. Erschließung:

Die Erschließung für eine mögliche Gewerbenutzung der Harvey Barracks ist derzeit nicht gegeben. Dass auch der Erschließungsaufwand hoch ist, zeigen die Untersuchungen zur Infrastruktur, welche auch die Kosten zur Instandsetzung  bzw. Installierung einer Grundlagenerschließung beinhalten. Auch zur Umsetzung der Erschließung besteht massiver Klärungsbedarf: Die Stadt fasste lediglich den Beschluss zur Festlegung einer Haupterschließungsachse.

 

5. Sondersituation Flugplatz – FFH- und Natura2000-Gebiet

Die Stadt Kitzingen hält an der Etablierung eines Sonderlandeplatzes auf dem ehemaligen Flugplatzareal fest. Wie vom Luftamt Nordbayern gefordert und nach Erklärung des Grundstückseigentümers, keine weiteren Maßnahmen zur Kampfmittelfreiheit durchführen zu wollen, sind derzeit mehrere vom Luftamt zertifizierte Unternehmen zur Angebotsabgabe über ein Kampfmittelräumkonzept aufgefordert. Das Abfrageergebnis gibt darüber Aufschluss, welcher Maßnahmen- und Kostenaufwand zur Erreichung einer Fluggenehmigung  erforderlich und ob dieser wirtschaftlich darstellbar ist.

Darüber hinaus sind die die Landebahn umgebenden Flächen Bestandteil europäischer Naturschutzflächen (Natura 2000-Gebiet).

 

6. ISEK-Fortschreibung – Marktverträglichkeit – Gewerbeflächenprognose

Das im Rahmen des Konversionsprozess aufgestellte Integrierte Stadtentwicklungskonzept im Jahre 2006 wird derzeit fortgeschrieben. Hierbei ist besonders zu prüfen, welche Auswirkungen die vom ISEK abweichenden Gewerbegebietsausweisungen, z. B. in den Larson Barracks, auf das gesamtstädtische Gefüge und besonders auf die weitere Ausweisung von Gewerbegebiet haben.

Solange die Fortschreibung und damit auch die Untersuchung zu Gewerbeflächenprognosen und Nachfragepotenzialen nicht abgeschlossen sind, scheint eine Ausschreibung von 75 ha Gewerbefläche als zu früh, um diese verträglich am Markt zu platzieren.

 

Das Ausschreibungsexposé der BImA zum Investorenobjekt Harvey Barracks wurde den Stadträten vorab mit Schreiben vom 17.05.2011 versandt.

 

 

1. Von einer Ausschreibung der Harvey Barracks ist aufgrund der noch zu klärenden Altlasten-, Kampfmittel- und Infrastrukturthematik derzeit abzusehen.

2. Sollte das Areal dennoch kurzfristig seitens der BImA ausgeschrieben werden, sind im Ausschreibungstext zur Absicherung der Stadt folgende Passagen zu ergänzen und es ist auf folgendes hinzuweisen:

-         Objektbeschreibung Erschließungssituation: Es handelt sich bauplanungsrechtlich um ein nicht erschlossenes Gelände. Die Erschließung ist derzeit nicht gesichert. Bevor bauliche Vorhaben im Sinne der §§ 30 und 33 BauGB realisiert werden können sind umfangreiche Erschließungsmaßnahmen durchzuführen.

-         Objektbeschreibung Kampfmittelsituation: Aufgrund massiver flächenhafter Bombardierungen im 2. Weltkrieg und der Ergebnisse der historisch, genetischen Untersuchung kann derzeit das Kampfmittelrisiko als hoch eingestuft werden. Bevor eine zivile Nachnutzung stattfinden kann, sind weitere umfangreiche Sondierungs- und Kampfmittelräummaßnahmen durchzuführen.

-         Objektbeschreibung Planungssituation: Die Liegenschaft ist bauplanungsrechtlich als Außenbereichsfläche nach § 35 BauGB einzustufen. Bevor eine Nachnutzung der Bestandsgebäude bzw. Neubebauung des Areals erfolgen kann,  müsste die Stadt ein  B-Planverfahren einleiten bzw. durchführen.  Aufgrund der Risikoeinschätzung und der nicht abschließend geklärten Altlasten- und Kampfmittelproblematik können die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB derzeit nicht sichergestellt werden, so dass derzeit auch kein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst werden kann.

-         Objektbeschreibung Sonderlandeplatz: Zur zivilen Nachnutzung des ehemaligen Militärlandeplatzes hat die Stadt ein flugrechtliches Änderungsgenehmigungsverfahren  für einen zivilen Sonderlandeplatz beantragt. Die fliegerische Nutzung soll als besonderer Standortvorteil für die Entwicklung eines Gewerbegebiets aufrechterhalten werden. Im Rahmen der weiteren Entwicklung eines Betriebskonzeptes  für den Sonderlandeplatz muss zukünftig sichergestellt werde, dass eine öffentliche fliegerische Nutzung sichergestellt wird und vor allem auch die Belange  der Sport- und Freizeitfliegerei berücksichtigt werden.