1.
Vorbemerkung
„Eine
Stiftung für Kitzingen – macht das Sinn? “ wird sich manche Bürgerin, mancher
Bürger fragen.
Die
Mitglieder des Stadtrates wissen, dass es bereits eine „Stiftung für Alten- und
Pflegehilfe Kitzingen“ gibt, über die jährlich bei den Haushalts-Beratungen
Beschluss gefasst wird und die – leider – ihren Stiftungszweck nicht mehr
erfüllen kann. Sie ist hervorgegangen aus der ursprünglichen
„Pfründehospitalstiftung“.
Ein Blick
in die Präambel der (heutigen) Stiftungssatzung aber bringt ebenso erstaunliche
wie beeindruckende Fakten ans Licht:
-
Die
Stiftungsurkunde stammt aus dem Jahr
1344 und geht zurück auf die Gebrüder Teufel aus WÜ sowie die Schwestern
des Benediktinerklosters in Kitzingen.
-
Die
Stiftung hatte ursprünglich den Zweck, bedürftigen
Personen Wohnung und Verpflegung zu gewähren (innere Pfründen).
-
Sie
konnte durch ihr erhebliches Vermögen
über Jahrhunderte hindurch in reichem
Maße ihren Zweck erfüllen, bis sie im Jahr 1924 durch die Inflation den
größten Teil ihres Kapitalvermögens verlor.
-
Durch
die Währungsreform 1948 verlor die Stiftung weitere 90 % des verbliebenen
Kapitalvermögens, aber bis zu dieser Zeit, also mehr als 600 Jahre hatte sie hinreichend im Sinne der Stifter gewirkt!
-
Ab
diesem Zeitpunkt musste die Stiftung ihr sogenanntes „Spital“ als gewöhnliches
Alten- und Pflegeheim führen und von den aufgenommenen Personen ein monatliches
Benutzungsentgelt erheben. Die Ordensschwestern wurden 1979 von ihrem
Mutterhaus abgezogen.
-
Dennoch
wurde das Spital bis zur Inbetriebnahme eines neuen Alten- und Pflegeheimes in
der Kapuzinerstraße 1983 weitergeführt und anschließend an den Landkreis
Kitzingen zur Erweiterung des Landratsamtes veräußert.
Nachdem
die Stiftung ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllen konnte, wurde ihr
vom Stadtrat im Jahr 1988 gem. Art. 8 und 35 des Stiftungsgesetzes eine neue
Satzung gegeben. Stiftungszweck ist heute die „Förderung des Alten- und
Pflegeheim St. Elisabeth in der Kapuzinerstraße durch Darlehen und Zuschüsse“.
Das
(unantastbare) Grundstockvermögen der Stiftung beträgt Stand 31.12.21 noch
immer 924.839,11 €.
Die
verfügbare Mittelverwendungs-Rücklage betrug am 31.12.21 29.005,20 €, die
aufgrund eines SR-Beschlusses und auf Antrag von St. Elisabeth in 2
Auszahlungen für aktuelle Bedarfe des Heimes in 2022 und 2023 ausgezahlt
werden.
Grundsätzlich
aber, Spender vorausgesetzt, könnte die Stiftung ihren Stiftungszweck noch
immer erfüllen. Angesichts der aktuellen Zinssituation sind Erträge aus dem
Grundstockvermögen selbst sehr gering.
Soweit ein
Blick in die Historie der „Pfründehospitalstiftung“ bzw. der „Stiftung Alten-
und Pflegehilfe Kitzingen“ von 1344 bis heute.
Im Grunde
war bereits die 1344 gegründete „Pfründehospitalstiftung“ nichts anderes als
eine Bürgerstiftung, beschränkt auf den Stiftungszweck, bedürftigen BürgerInnen
Wohnung und Verpflegung zu gewähren“.
Sie hat
6 Jahrhunderte nachhaltig das Leben vieler BürgerInnen entscheidend positiv
beeinflusst!
2.
Die Idee einer Bürgerstiftung „Stiftung
unser Kitzingen“
Bei der
Klausurtagung des Stadtrates im November 2021(Thema: „Vision für Kitzingen“)
wurde u.a. auch die Idee einer „Bürgerstiftung für Kitzingen“ geäußert.
Angesichts
des positiven Feedback der Teilnehmer zu dieser konkreten Maßnahme für eine
„sozial gerechtere Stadt“ hat die Verwaltung geprüft, wie die Idee einer
Bürgerstiftung zeitnah umgesetzt werden könnte.
Im Zuge
der Recherche zu Bürgerstiftungen stieß man auf die Stiftergemeinschaft der
Sparkassen Mainfranken Würzburg.
Mit der
Gründung dieser Stiftergemeinschaft im Jahr 2015 wurde seitens der Sparkasse
Mainfranken Würzburg Stiftern die Möglichkeit gegeben, eine individuelle
Namensstiftung mit eigener Zweckbestimmung, eine Förderstiftung für einen
Verein oder eine „Stiftung unser Ort“
für unterschiedliche Zwecke einer Kommune zu errichten.
Derzeit
sind bereits 55 sogenannte Unterstiftungen in der Sparkasse Mainfranken
Würzburg vereint. Alle administrativen Arbeiten übernimmt die Sparkasse und die
„Deutsche Stiftungstreuhand AG“ als Treuhänderin.
Durch die
gemeinsame Vermögensanlage der Stiftungsmittel und Verwaltung entstehen
Synergieeffekte.
Gleichzeitig
behält jede einzelne Stiftung, in
unserem Fall wäre dies die „Stiftung
unser Kitzingen“ ihre volle Eigenständigkeit.
Wie der
Stiftungsberater der Sparkasse Mainfranken Würzburg betont, ist die Gründung
einer rechtsfähigen bzw. selbständigen Stiftung eine sehr komplexe
Angelegenheit. Wenn jedoch eine Kommune unter dem Dach der Stiftergemeinschaft
eine sog. unselbständige Stiftung gründet, sind die formalen Voraussetzung
deutlich erleichtert.
Unter
einer unselbständigen Stiftung versteht man die Übertragung von Vermögenswerten
auf einen Stiftungstreuhänder per Geschäftsbesorgungsvertrag. Sie hat im
juristischen Sinn keine eigene Rechtspersönlichkeit und bedarf keiner
staatlichen Anerkennung. Für die dauerhafte Aufsicht und Kontrolle der
Stiftungstreuhänderin sorgt das von der Sparkasse bestellte Kuratorium.
3.
Warum eine „Stiftung unser Kitzingen“
als kommunale Bürgerstiftung?
-
sie
weckt und fördert das bürgerschaftliche Engagement in vielen gesellschaftlichen
Bereichen
-
sie
macht Bürgerinnen und Bürger zu Partnern ihrer Kommune bei der Gestaltung des
sozialen und kulturellen Lebens
-
sie
ist ein auf Dauer angelegter Finanzierungsweg und erschließt bürgerschaftlichem
Engagement neue Handlungsspielräume
-
sie
stellt ein aktives Angebot innerhalb Kitzingens dar, sich ehrenamtlich, aber
auch finanziell durch Spenden, Zuwendungen zum Vermögen oder durch
Vermächtnisse zu engagieren.
-
aktive
Bürgerinnen und Bürger können in den Stiftungsrat eingebunden werden.
-
sie
lohnt trotz der aktuell niedrigen (Zins-)Erträge, da sie sehr langfristig wirkt
und anfänglich die Gewinnung von Spenden für die Projektrealisierung im
Vordergrund steht. Langfristig erhöht sich das Vermögen und die Kapitalerträge
steigen.
4.
Vorteile einer „Stiftung unser
Kitzingen“ in der Stiftergemeinschaft der Sparkasse
-
Eine
Stiftungserrichtung ist bereits mit 10.000 € möglich
-
Kein
eigener Verwaltungsaufwand für die Kommune oder den Stiftungsrat
-
Alle
gemeinnützigen und mildtätigen Zwecke können ohne Einschränkung im freiwilligen
Aufgabenbereich verwirklicht werden. Pflichtaufgaben der Kommune werden nicht
ersetzt
-
Back
Office bei komplexeren stiftungsrechtlichen Fragestellungen durch Stiftungsverwalter
(Sparkasse und Treuhänderin)
-
Gemeinsame
Vermögensanlage senkt die anteiligen Kosten und erhöht die die Ertragschancen,
auch für kleinere Stiftungen
-
Beratung
durch die Sparkasse unter dem „Schutz“ des Bankgeheimnisses
-
Keine
administrativen Aufgaben für den Stiftungsrat. Dieser kann sich vollständig auf
die Zweckverwirklichung sowie die Gewinnung und Betreuung von Förderern der
Bürgerstiftung konzentrieren.
5.
Wer bestimmt über den Stiftungszweck bei
der „Stiftung unser Kitzingen“ und wie sollte dieser aussehen?
Stadtrat
als zuständiges Organ der Stadt Kitzingen. Dabei ist er völlig frei, den
aus seiner Sicht besten Stiftungszweck festzulegen.
Sowohl
Herr Popp als Stiftungsberater der Sparkasse als auch Herr Weisner als empfehlen Stiftungsberater der Treuhänderin,
empfehlen den Stiftungszweck möglichst breit, also für alle denkbaren
gemeinnützigen Zwecke festzulegen.
Dadurch
ist es nahezu jedem potenziellen Spender/Zuwender möglich, die Stiftung auch in
seinem Sinne zu unterstützen.
Konkret wird vorgeschlagen, den Stiftungszweck wie
folgt zu wählen:
„Die „Stiftung unser Kitzingen“ verwirklicht gemeinnützige
und mildtätige Stiftungszwecke, soweit damit gemeindliche Aufgaben des eigenen
Wirkungskreises erfüllt werden, insbesondere
-
des
öffentlichen Gesundheitswesens
-
der
Kinder- und Jugendhilfe
-
der
Altenhilfe
-
von
Kunst und Kultur, insbesondere Musik und Museen
-
des
Denkmalschutzes und der Denkmalpflege
-
der
Bildung, Ausbildung und Erziehung
-
Volks-und
Berufsbildung
-
des
Naturschutzes, des Klimaschutzes und der Landschaftspflege
-
des
Wohlfahrtswesens
-
der
Rettung aus Lebensgefahr
-
des
Feuerschutzes
-
des
Sports
-
der
Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung
-
mildtätige
Zwecke, insbesondere Hilfe in Notlagen
-
Hilfe
für Behinderte sowie
-
des
bürgerschaftlichen Engagements zu Gunsten gemeinnütziger und mildtätiger
Zwecke“
6.
Ablauf der Gründung einer „Stiftung
unser Kitzingen“ in der Stiftergemeinschaft der Sparkasse.
Wenn der
Stadtrat in seiner Sitzung am 28.7.22 den Grundsatzbeschluss zur Errichtung und
die weiteren in dieser Vorlage genannten Beschlüsse gefasst hat, sieht der
weitere Weg zur Stiftungsgründung wie folgt aus:
-
Beschluss
über die vom Stiftungstreuhänder gefertigte Errichtungsurkunde (geplant am
17.11.22)
-
Sie
enthält den Gründungsbetrag, die Stiftungszwecke, die Gremien und deren
Besetzung sowie die Möglichkeiten für Zuwendungen zum Vermögen und Spenden.
-
Unterzeichnung
der Errichtungsurkunde und Einzahlung des Gründungsbetrages
-
Abstimmung
des Werbeflyers mit dem Stiftungstreuhänder (Grußworte, Bilder, Text)
Die Stiftungsberater
der Sparkasse sowie der Treuhänderin würden am 17.11.22 in der Stadtratssitzung
anwesend sein und für Fragen zur Verfügung stehen.
7.
Der Stiftungsrat
Wie oben
bereits dargestellt, übernehmen die Partner (Sparkasse und Deutsche
Stiftungstreuhand) die klassischen Verwaltungsaufgaben, so dass hierdurch nahezu
keine Arbeitszeit bei der Stadtverwaltung gebunden wird.
Innerhalb
der Stiftung übernimmt der mit bis zu sieben Personen besetzte Stiftungsrat die „eigentliche Arbeit“,
also insbesondere
-
die
Entscheidung über die zeitnahe Verwendung der eingehenden Spenden und Erträge
-
die
Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung
-
das
Fundraising und die Pflege der Fördererbeziehungen
-
die
Information über geförderte Projekte (an den Stadtrat und die Treuhänderin)
Das
gewählte Stadtoberhaupt ist qua Amt ständiges Mitglied des
Stiftungsrates und zugleich Vorsitzende/r.
Die
weiteren Mitglieder des Stiftungsrates werden für die Dauer der Wahlperiode des
Stadtrates bestellt. Dies können Vertreter der Bürgerschaft aber auch
Mitglieder des Rates sein. Es wird (von Seiten der Sparkasse) empfohlen, nach
Möglichkeit BürgerInnen einzubinden, die nicht dem Stadtrat angehören.
In jedem
Falle sollten die Stiftungsratsmitglieder unabhängig und überparteilich
handeln.
8.
Finanzielles
8.1 Einmalige Vergütungen (bei Zuwendungen zur Erhöhung des Vermö-
gens sowie letztwilligen zuwendungen)
Einrichtung- und Verwaltungskostenpauschale
(Deutsche Stiftungstreuhand AG) 0,54 %
Laufende Marketing- und Beratungsunterstützung
im Jahr
Der jeweiligen Zuwendung:
Sparkasse
Mainfranken WÜ
2,00 %
Deutsche Stiftungstreuhand
0,50 %
Summe Netto:
3,04 %
Zzgl. MWSt
0,58 %
Gesamtvergütung
3,62 %
bezogen
auf den durch den Gründungsstifter oder Dritte jeweils einge-
brachten
Zuwendungsbetrag zur Erhöhung des Vermögens.
Im
Jahr der Zuwendung fallen für die Zuwendungen zur Erhöhung des
Vermögens
keine lfd. Verwaltungskosten nach 8.2. an.
8.2 Vergütung für die zu erbringenden lfd.
Aufgaben
Für die
Folgejahre vereinbaren die Parteien eine angemessene jährliche Vergütung für
die von der Stiftungstreuhänderin zu erbringenden laufenden Aufgaben (z. B
Buchhaltung, EDV-Erfassung der Daten von Zuwendenden, Jahresabschluss der
Stiftergemeinschaft, Ertragszurechnung, Geschäftsbericht, Back-Office,
Durchführung und Überwachung des Zahlungsverkehrs, Abwicklung der Förderung,
laufende Beobachtung der rechtlichen und steuerlichen Situation für Stiftungen
etc.) in folgender Höhe:
bis
500.000 € anteiligem Stiftungsvermögen
0,50 % zzgl. MWSt
für
das 500.000 € übersteigende Stiftungsvermögen
bis
1.000.000 € Stiftungsvermögen 0,40 % zzgl. MWSt
für
das 1.000.000 € übersteigende Stiftungsvermögen 0,30 % zzgl. MWSt
Im
Übrigen wird auf § 13 der Errichtungsurkunde (Anlage) verwiesen.
8.3 Städtisches Dotationskapital
Über den
Betrag, den die Stadt Kitzingen als Gründungsstifterin zur Beginn einbringt,
entscheidet der Stadtrat in der Sitzung am 17.11.22.
Der Mindestbetrag
zur Errichtung einer „Stiftung unser Kitzingen“ beträgt 10.000 €.
8.4 Steuerliche Förderung
Innerhalb
bestimmter Höchstbeträge können die Zuwendungen zu 100 % als Sonderausgaben bei
der Einkommensteuer geltend gemacht werden.
Die
Zuwendung in das Stiftungsvermögen ist von der Erbschafts-und Schenkungssteuer
befreit, da die Stiftung nach ihrer Satzung ausschließlich steuerbegünstigten
Zwecken dient.
8.5 Sonstiges
Experten
rechnen damit, dass in den Jahren 2015 – 2024 mehr als 3 Billionen € in
Deutschland vererbt werden.
Stiften
ist im Trend - immer mehr Menschen möchten mit ihrem Vermögen bürgerschaftliche
Verantwortung übernehmen und/oder aufgrund des erworbenen Wohlstandes etwas
„zurückgeben“.
Manche
Banken haben sich auf diese Entwicklung eingestellt, die Sparkasse sieht
darüber hinaus auch ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag als Motivation
Sie möchte
zudem als heimischer Finanzdienstleister die gesellschaftlichen
Herausforderungen und insbesondere als „natürlicher Partner“ für die Kommunen
aktiv mitgestalten.
1. Vom Sachvortrag 2022/141 wird Kenntnis
genommen
2. Es besteht grundsätzliches
Einverständnis, eine Bürgerstiftung (z. Bsp. unter dem Dach der
Stiftungsgemeinschaft der Sparkasse Mainfranken Würzburg) zu errichten.
3. Es besteht Einverständnis mit dem unter
Ziffer 5 des Sachvortrags dargestellten Stiftungszweck.
4. Die Verwaltung wird beauftragt, für die endgültige Beschlussfassung durch den Stadtrat alle formalen Voraussetzungen zur Errichtung einer „Stiftung unser Kitzingen“ zu schaffen.