Betreff
Harvey Barracks: Beschluss über die Durchführung von vorbreitenden Untersuchungen gemäß § 165 Abs. 4 BauGB (Einleitungsbeschluss einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme)
Vorlage
116a/2011
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)
Referenzvorlage

 

In der öffentlichen Sitzung vom 21. April 2005 hatte der Stadtrat bereits den Beschluss zur Einleitung von städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen gem. § 165 ff. BauGB in Verbindung mit Stadtumbaumaßnahmen gem. § 171 a ff. BauGB gefasst. Eine öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses ist bisher nicht erfolgt, insofern sind die Rechtswirkungen der §§ 137 bis 139 BauGB nicht eingetreten.

Die Beschlussfassung zur Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 BauGB (Einleitungsbeschluss einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme) wurde sowohl mit der Regierung von Unterfranken als auch mit dem Eigentümer der Flächen, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, im Vorfeld besprochen. Zur Fassung des Beschlusses über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen sind keine förmlichen Stellungnahmen erforderlich.

 

1.                  Die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165 BauGB

1.1.            Inhalt und Ziel

Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165 BauGB ist ein Instrument des besonderen Städtebaurechts und vorgesehen zur Lösung von komplexen, schwierigen städtebaulichen Problemen und zur Behebung umfassender städtebaulicher Missstände, wie diese z. B. bei den Harvey Barracks vorliegen.

Dieses Instrumentarium des besonderen Städtebaurechts ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass ggfs. finanzierungsrechtlich die Unterschiedsbeträge zwischen entwicklungsunbeeinflusstem Grundstückswert und Neuordnungswert der Grundstücke zur Finanzierung von Konversionsmaßnahmen herangezogen werden können.

Mit Beschluss zur Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 BauGB werden u. a. die Bodenqualitäten bzw. Bodenpreise zum entwicklungsunbeeinflussten Anfangswert eingefroren. Mit den vorbereitenden Untersuchungen sollen Beurteilungsgrundlagen über die Festlegungsvoraussetzungen von städtebaulichen Entwicklungsbereichen und zur Findung des geeigneten Verfahrens gewonnen werden.

Eine Gemeinde kann einen städtebaulichen Entwicklungsbereich nur dann förmlich mit Satzung festlegen, wenn als Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen feststeht, dass das Wohl der Allgemeinheit die Durchführung der Maßnahme und den damit verbundenen Einsatz des besonderen rechtlichen Instrumentariums dies erfordert.

Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen ist deshalb zu prüfen, ob die verfolgten Ziele nicht auch mit weniger einschneidenden Mitteln des allg. und des besonderen Städtebaurechts (z. B. Bebauungsplan, Städtebaulicher Vertrag, Sanierungsmaßnahme nach § 136 BauGB) erreichbar sind.  

1.2.            Die vorbereitenden Untersuchung zur Einleitung einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme

Der Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 BauGB ist nicht gleichbedeutend mit der förmlichen Festsetzung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs. Dieser bedarf einer besonderen Entwicklungssatzung.

Insbesondere umfassen die vorbereitenden Untersuchungen auch die Anpassung des städtebaulichen Neuordnungskonzeptes mit Erarbeitung einer Kosten- und Finanzierungsübersicht nach § 177 und § 149 BauGB sowie die Erstellung eines Maßnahmenkonzeptes.

1.3.            Rechtswirkungen und Konsequenzen

Neben den o.g. Zielsetzungen hat der Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 BauGB bereits mit öffentlicher Bekanntmachung folgende Rechtswirkungen und Konsequenzen:

-          Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte und Pflichten der Betroffenen und der öffentlichen Aufgabenträger (§ 165 Abs. 4 BauGB  i. V. m. §§ 137 bis 139 BauGB)

-          Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen (§ 165 Abs. 4 i. V. m. § 141 Abs. 4 BauGB u. § 15 BauGB)

-          Einfrierung der Bodenqualitäten, Stichtag für die Ermittlung des entwicklungsunbeeinflussten Anfangswertes (§ 169 Abs. 1 Nr. 6  BauGB i. V. m. § 153 Abs. 1 BauGB)

 

2.             Gründe für den Beschluss zur Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 BauGB

2.1.       Möglicher (Zwischen-) Erwerb von Konversionsflächen zum entwicklungsunbeeinflussten Anfangswert, Einfrieren der Bodenqualitäten/- preise

Die Notwendigkeit der Anwendung von kommunalen Erwerbsmodellen/Zwischenerwerbsmodelle für die Harvey Barracks und den geplanten Sonderlandeplatz kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen zur Entwicklung der Harvey Barracks (Artenschutz, Erschließungssituation, Kampfmittel- und Altlastenproblematik) und der ISEK-Zielvorstellung der Stadt über die Einrichtung eines Sonderlandeplatzes könnte es erforderlich werden, dass die Stadt ggf. bestimmte Teilflächen direkt von der BImA zu einem angemessenen Kaufpreis erwirbt.

Ggf. muss die Stadt zur erfolgreichen Umsetzung des Gewerbegebiets auch als Verfahrensträger tätig werden, der die Gesamtentwicklung „aus einem Guss“ steuern muss. Hierzu müsste ggf. ein kommunaler Erwerb/Zwischenerwerb getätigt werden und die Stadt benötigt deshalb entsprechende Einflussmöglichkeiten auf den Grundstückskauf von der BImA und auf die Kaufpreisbildung.

Bereits mit Bekanntmachung des Beschlusses über die Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen werden auf der Basis des § 169 Abs. 1 Nr. 6 BauGB i. V. m. § 153 Abs. 1 BauGB die Bodenqualitäten/-preise „eingefroren“. Wertsteigernde Planungsschritte der Stadt nach dem Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung führen nicht zu einem höheren Kaufpreis.

2.2.       Verfolgung der allgemeinen Ziele der städtebaulichen Entwicklung im Hinblick auf die Konversionsflächen gemäß ISEK

Gemäß dem bestehenden ISEK sind für die Harvey Barracks folgende Ziele definiert (ISEK 2006 S. 2):

-          die Siedlungsstruktur ist den Erfordernissen der Entwicklung von Bevölkerung und Wirtschaft anzupassen,

-          nicht mehr bedarfsgerechte bauliche Anlagen sind einer neuen Nutzung zuzuführen,

-          freigelegte Flächen sind einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung zuzuführen,

-          Anlagen ohne Nutzungschancen sind zurückzubauen,

-          Nutzung als Gewerbegebiet mit Sonderlandeplatz.

Derzeit werden die Ziele mit der ISEK-Fortschreibung geprüft und konkretisiert.

2.3.       „Vorsorgeprinzip“

Mit den vorbereitenden Untersuchungen wird die Grundlage dafür geschaffen, dass die Stadt ggf. im weiteren Verfahren eine Sanierungs- oder Entwicklungsatzung beschließen kann und somit die erforderlichen Instrumente des besonderen Städtebaurechts bei Bedarf zur Verfügung stehen. 

Bereits mit öffentlicher Bekanntmachung des Beschlusses über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen wird die Stadt kurzfristig in die Lage versetzt, Einfluss auf unerwünschte bauliche Entwicklungen nehmen zu können und Baugesuche zurückzustellen zu können (§ 165 Abs. 4 i. V. m. § 141 Abs. 4 u. 15 BauGB).

Die zukünftige Entwicklung der Harvey Barracks und des geplanten Sonderlandeplatzes lässt sich derzeit nicht prognostizieren. Die BImA plant zeitnah eine Ausschreibung der Harvey Barracks an private Investoren. Die Stadt sollte im Sinne eines Vorsorgeprinzips in die Lage versetzt werden, rechtzeitig auf unerwünschte Entwicklungen reagieren zu können.

2.4.       Begrenzte Einflussmöglichkeiten der Stadt auf den Konversionsprozess

Bisher ist die Stadt davon ausgegangen, dass zur Erreichung ihrer Stadtentwicklungs- und Konversionsziele die Ausübung der kommunalen Planungshoheit (im Rahmen der Bauleitplanung) und die Anwendung von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB ausreicht. Zwischen der Stadt und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) besteht ein Kooperationsvertrag, indem grundsätzlich eine gemeinsame einvernehmliche Entwicklung der Kasernenstandorte vereinbart wurde. Nichtsdestotrotz befindet sich die BImA in einem starken Kosten- und Vermarktungsdruck, was ggf. zukünftig dazu führen könnte, dass nicht gewünschte Entwicklungen eintreten und die im ISEK festgelegten Ziele gefährdet werden.

 

3.                  Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen ist kein Satzungsbeschluss – keine Kaufverpflichtung durch die Kommune

Mit dem Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 sollen vor allem Beurteilungsgrundlagen für das weitere Verfahren gewonnen werden. Dieser Beschluss ist nicht gleichbedeutend mit der förmlichen Festsetzung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs. Dieser bedarf einer besonderen Entwicklungsatzung.

Insofern besteht mit dem Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen für die Stadt auch nicht die Rechtsfolge/Verpflichtung Grundstücke zu übernehmen bzw. anzukaufen, wenn es dem Eigentümer mit Rücksicht auf die Erklärung zum städtebaulichen Entwicklungsbereichs oder dem Stand der Entwicklungsmaßnahme wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder in der bisherigen oder anderen zulässigen Art zu nutzen (Übernahmeverlangen nach § 168 BauGB).

 

4.             Finanzielle Auswirkungen der vorbereitenden Untersuchung – Zeitschiene

Einzelne Fragestellungen/Teilleistungen der vorbereitenden Untersuchungen werden derzeit bereits  durch die Verwaltung und das beauftragte Konversionsmanagement z. B. im Rahmen der Erarbeitung des Strategiepapiers bzw. Fortschreibung ISEK untersucht und bewertet.

Bestimmte Untersuchungsinhalte, wie z. B. die Bestandsaufnahme und Bewertung der Erschließungsanlagen sind bereits abgearbeitet worden (Vorplanung für die Ertüchtigung der Entwässerungsanlagen und Verkehrsanlagen in den Harvey Barracks durch das Büro SRP, Oktober 2010). Dagegen sind weitere Fragestellungen der vorbereitenden Untersuchungen wie z. B. der Bestandaufnahme der Gebäude noch zu klären. Ggf. können Teilleistungen auch durch die Stadtverwaltung erbracht werden. Es ist aber davon auszugehen das bestimmte Untersuchungsinhalte durch externe Dritte bearbeitet werden müssen. Hierfür sind Haushaltsmittel anzumelden bzw. die Förderung über Stadtumbau West zu klären.

Mit dem Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen wird die Verwaltung beauftragt, eine Vergabe der erforderlichen Untersuchungen vorzubereiten, wobei diese in einer separaten Beschlussvorlage mit dem Stadtrat abgestimmt wird. Erfahrungsgemäß können vorbereitende Untersuchungen innerhalb eines Zeitraumes von 9- 12  Monaten durchgeführt werden.

 

1.      Der Stadtrat fasst den Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 165 Abs. 4 BauGB (Einleitungsbeschluss städtebauliche Entwicklungsmaßnahme) über den Bereich der Harvey Barracks gemäß den in Anlage 1 beigefügtem Lageplan vom 19.05.2011 eingegrenzten Gebiete.

 

2.      Der Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen nach § 165 Abs. 4 wird durch die Verwaltung öffentlich bekannt gemacht.

 

3.      Die Verwaltung wird beauftragt, die Vergabe der vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 165 Abs. 4 BauGB vorzubereiten.